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Volltext: Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild: Bosnien und Hercegovina

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des Körpers theilten sie mit ihren nächsten Verwandten und östlichen Nachbarn, den 
Thrakern. Die prähistorische Durchforschung der ausgedehnten Gräberfelder Bosniens, 
besonders der im Glasinac gelegenen, förderte bis jetzt ungefähr 60 Schädel zu Tage, doch 
sind mit Rücksicht auf den mangelhaften Erhaltungszustand kaum 45, und diese nur 
theilweise wissenschaftlich verwerthbar. Die von Virchow, Weisbach und mir aus- 
gefiihrten Messungen dieser Schädel ergaben ein, in manchen Einzelheiten wohl differentes, 
im Ganzen und Großen aber einheitliches Resultat, aus dem zu ersehen ist, daß die 
einstige Bevölkerung des Glasinae im anthropologischen Sinne ein Mischvolk war. Neben 
einer recht beträchtlichen Anzahl (ungefähr 30 Procent) langer, schmaler, nicht sehr hoher 
und daher wenig geräumiger, findet man nahezu ebensoviele große und übergroße, 
breite und hohe Schädel. Am häufigsten jedoch, in über 40 Procent, fit unter ihnen 
die sogenannte Mesocephalie vertreten, was augenscheinlich auf eine sich seit sehr vielen 
Jahren vollziehende Kreuzung zwischen Lang- und Kurzschädligen hinweist. 
Dieser Befund hat für die Anthropologie der Balkanvölker ein besonderes Interesse. 
Es ist eine geschichtlich erwiesene Thatsache, daß die heutigen Albanesen, wenn nicht durch 
wegs, so doch in überwiegender Mehrzahl, die directen Nachkommen der einstigen Illyrier 
sind. Die ersteren müßten daher in anthropologischer Beziehung ihren Vorfahren ähnlich 
sein. Nun behaupten aber manche sehr beachtenswerthe Forscher, wie z. B. Weisbach, 
Tappeiner rc., daß die Albanesen zu den exquisit kurzschädligen, oder, wie der wissen 
schaftliche Ausdruck lautet, brachycephalen Völkern gehören, was natürlich Nicht ohne 
Einfluß auf die Beurteilung der Zugehörigkeit der alten Glasinacbewohner bleiben 
könnte. Sind die heutigen Albanesen wirklich durchwegs brachycephal, so können die 
einstigen Bewohner der Glasinacer Hochebene, unter denen so viele dolichocephale und 
mesocephale angetroffen werden, keine Illyrier gewesen sein. Diese Ansicht vertritt auch 
Weisbach, indem er meint, „daß die alten Glasinacer vielleicht von Westen her als 
Handelscolonie eingewandert seien", und theilweise stimmt ihm auch Virchow durch 
die Annahme zu, daß „die dolichocephalen Schädel möglicherweise Handelsleuten fremder 
Provenienz, die sich da aufhielten und bestattet worden sind, angehört haben". Diesen 
Hypothesen widerspricht die Thatsache, daß man in einzelnen Tumulis sowohl lange als 
breite Schädel zusammen gefunden hat, ferner daß man in Gräbern der Dolichocephalen 
die gleichen Funde an Waffen, Schmuck und anderen Beigaben, wie in denen der Brachy 
cephalen gemacht hat. Wären die Dolichocephalen wirklich Fremde, so würde man fie 
weder zusammen, mit den Einheimischen, noch in gleicher Weise ausgestattet beerdigt haben. 
Nun frägt es sich aber, ob die Albanesen wirklich so durchwegs brachycephal sind, 
wie Weisbach und Tappeiner behaupten? Schon Cyprien-Robert z. B. ist gegen 
teiliger Ansicht, indem er sie als Langköpfe bezeichnet. Wie so häufig liegt auch hier die
	        
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