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nach. Jetzt erst begeben sich die Gäste zum Hause, treten freundlich begrüßt ein und werden
mit Kaffee bewirthet. Die Fahne flattert indessen von einer erhabenen Stelle und wird vom
Fahnenträger eifersüchtig beobachtet, da es eine Schande wäre, wenn sie abhanden käme.
Tag und Abend wird in frohem Gelage zugebracht, wobei sich die Braut den Gästen nicht
zeigen darf.
Morgens früh beginnt das Gelage abermals, und nach dem dritten Trinkspruch
gehen der Kum und die beiden Djevers in das nächste Zimmer, um der Braut den
Ring anzustecken (prsksirovnki). Die Brüder führen die Braut herzu, und eine Verwandte
trägt auf einer Tasse eine Schale klaren Wassers, bedeckt mit einem Tuch, worauf der
bereits bei der Werbung übersendete Brautring liegt. Der Djever wirft den Ring ins
Wasser, faltet die Hände der Braut und macht damit dreimal das Zeichen des Kreuzes
über dem Wasser. Während die Braut die Hände noch immer gefaltet hält, nimmt der
Bräutigam den Ring ans dem Wasser und wiederholt damit das Krcuzzeichcn über den
Händen der Braut. Er versucht sodann den zum Ring passenden Finger zu finden, bis er
jenen nach einigem Scherzen auf den rechten Zeigefinger steckt. Hierauf dreht er das
Mädchen dreimal von Osten nach Westen und hebt es jedesmal, wenn es ihm den Rücken
zukehrt, jauchzend in die Höhe. Sodann verhüllt er sie mit dem Brautschleier und über
schüttet sie mit Zuckerwerk und Münzen, die er in einem Papierpacket mitbrachte. Dasselbe
thut auch der andere Djever und der Kum. Die anwesenden Frauen verhüllen hierauf das
Antlitz der Braut mit dem Schleier und die Männer kehren, nachdem ihnen die Braut
ehrerbietig die Hand geküßt hat, zu den Hochzeitsgästen zurück, welche sich um die gedeckte
Sinija (Tisch mit sehr niederen Füßen) zum Schmause gelagert haben.
Der Caus bringt nun die voraus bedungenen Spenden hervor. Sollte daran etwas
fehlen, so muß es der 8tari svat des Bräutigams mit Geld ausgleichen. Hierauf folgt
der wichtige Moment des Brautkaufes, indem der 8tari svot mit dem Brautvater zu
handeln beginnt, um von der schon vorher bedungenen Kaufsumme etwas abzuhandeln.
Dies gelingt ihm zwar nicht, aber der Brautvater zeigt sich großmüthig, indem er ein
Drittel des erhaltenen Betrages „zur Bestreitung der Reiseauslagen der Hochzeiter" dem
8tari svat zurückgibt.
Die Sitte des Brautkaufes war im ganzen Lande allgemein und hat sich theils
factisch, theils symbolisch noch erhalten. Sie besteht heute noch in der südlichen Hereegovina
unter Mohammedanern und Christen, sowie bei den braunen Zigeunern, wo sie das
wichtigste Moment der Trauungsceremonie bildet. Unter den Mohammedanern desRama-
thales wird sie, wenn auch ohne vorheriges Handeln, geübt, indem der Bräutigam dem
Brautvater eine Summe Geldes einhändigt. Dieser Brautkans wird als die Ursache
angeführt, weßhalb sich dort die Mohammedanerinnen nicht verschleiern, denn sie seien nicht