Schriftthum neuzubelebeii, direct auf diese glänzende Epoche zurückgriff. Aber schon damals
verwies der hochbegabte Dichter und Kritiker Stanko Vraz, dessen Scharfblick es nicht
entgangen war, daß in der dalmatinischen Literatur nur die Sprache slavisch war, während
sich Inhalt und Tendenz fremden Mustern anschmiegten, auf die ungetrübte Quelle der
Volkspoesie. Sein Verdienst ist es, daß sich der geistige Regenerationsproceß Kroatiens vom
Anbeginn auf volksthümlicher Grundlage vollzog, indem die kroatische Literatur die
Steine für ihren Wiederaufbau dem von Vuk Karadzic gehobenen bosnisch-hercegovinischen
Liederschätze entlehnte. So erhielt die serbo-kroatische Literatur aus Bosnien und der
Herccgovina ein gemeinsames Gepräge. Daß aber auch eine bosnische Literatur bestand
und besteht, soll hier des Näheren ausgeführt werden.
Mit Rücksicht auf den uns zugemessenen beschränkten Raum gliedern wir den Stoff
in drei Perioden und fassen nur die bedeutsamsten Erscheinungen schärfer ins Auge.
Die älteste Periode. — Wer gewohnt ist, sich mit den geistigen Producten jener
großen Völker zu befassen, welche seit dem ersten Aufdämmern ihrer Geschichte auf eigenen
Füßen standen und das Glück hatten, sich im freien Aufschwünge zu entwickeln, wird sich
von den literarischen Leistungen Bosniens während seiner nationalen Dynastien und unter
der türkischen Herrschaft vielleicht enttäuscht abwenden. Wer aber berücksichtigt, mit
welchen Schwierigkeiten die civilisatorischen Bestrebungen einzelner erleuchteter Männer
in diesen durch religiöse Zwistigkeiten und ewige Kriege zersetzten Ländern zu kämpfen
hatte», wird auch diese geringen Leistungen gerecht zu würdigen verstehen.
Wie in allen primitiven Gesellschaften fiel auch hier die geistige Führung des Volkes
der Priesterschaft zu. Der katholische Franciscaner zerbrach sich in bescheidener Zelle den
Kopf, um für seine Gläubigen ab und zu ein Büchlein zu schreiben, dessen Manuseript
erst nach Italien wandern mußte, um aus den dortigen Druckereien wegen Unkenntniß der
bosnischen Sprache gräulich entstellt zurückzukehren, aber gleichwohl von der Blasse viel
gieriger verschlungen zu werden, als von uns sogar die Werke der größten Genies und
Gelehrten gelesen werden. Gleichzeitig war der orthodoxe Mönch unermüdlich im Abschreiben
von Kirchenschriften zu Zwecken des Gottesdienstes. Nur das mohammedanische Element,
welches alle seine Ideale im Orient, in erster Linie aber in Constantinopel verkörpert sah,
hielt sich von diesen cnlturellen Bestrebungen fern, oder schrieb, wenn es zur Feder griff,
in der ihm fremden, aber ans religiösen Rücksichten heiligen türkischen Sprache.
Der Beginn einer Cnlturgeschichte der slavischen Völker fällt mit dem Auftreten
ihrer Apostel Cyrill und Methvd, also mit dem Jahre 863 zusammen, in welchem sie über
Ansuchen des Fürsten Rastislav der byzantinische Kaiser Michael III. als Verkünder der
christlichen Lehre nach Mähren entsandte. Da die Slaven sich bis dahin lediglich einer Art
von Runenschrift bedient hatten, erfand der heilige Cyrill für sie eine eigene Schrift, in