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hatte, stand die Waldnutzung jedermann, nämlich einem jeden aus einer bestimmten
Gemeinde oder Gegend, in unumschränkten Maße frei, insolange nur der communistische
Charakter der Nutzung unangetastet blieb. Auch in das spätere türkische Forstgesetz ging
das Waldnutzungsrecht der Landheimischen, zumal das Weiderecht, nur als eine unbe
stimmte Gestattung über. Zwar verbot das Gesetz die Waldbrandlegung und belegte den
Forstfrevel mit sehr hohen Strafen und Schadenersatz-Verpflichtungen; aber das Gesetz,
das der Sultan im fernen Stambul schuf, kam der bäuerlichen Bevölkerung nicht einmal
zur Kenntnis, und so führte der Viehzüchter, welcher nur den Stück bestand seiner Heerden
zu vergrößern trachtete, gegen den heimischen Wald einen Vernichtungskrieg, wie er
rücksichtsloser gegen wilde Thiere nicht geführt werden kann.
Dieses unverständige Verhalten mußte in der Hercegovina bei der eigenen
Beschaffenheit der in diesem Lande überwiegend verbreiteten Kalkböden, die nur unter dem
Schutze einer ständigen Pflanzendecke ihre seichte Krume zu bewahren vermögen und durch
den Einfluß größerer Trockenheit und der Bora sehr zu leiden haben, zur Verkarstung
führen. In Bosnien dagegen erhielt sich Dank dem glücklichen Umstande, daß hier der
Untergrund größeren Theils die Erhaltung eines fruchtbaren Obergrundes begünstigt, der
mißhandelte Wald wenigstens als Buschwald. Selbst iu den bosnischen Kalkgebirgen,
insbesondere in jenen, die sich nördlich der Linie der größten Erhebungen ausbreiten, treten
in Folge günstigerer jahreszeitlicher Vertheilung der Niederschläge die Karsterscheinungen
milder auf.
Die mit Wald bestandene Fläche nimmt in Bosnien 2,233.210Hektar,demnach rund
53 Procent der Gesammtfläche dieses Landes ein. Bosnien ist daher an Waldboden reicher
als irgend ein Land der österreichisch-ungarischen Monarchie, reicher als irgend ein Land
Europas. Selbst den Reisenden, die Bosnien nur von den fahrbaren Communicationen aus
überblicken, fällt das überreiche Vorhandensein von Waldboden auf. Da aber von diesen
Communicationen ans meist nur die früher erwähnten Buschwaldnngen sichtbar sind,
erwacht der Zweifel, ob Bosnien Wohl auch reich an Hochwald sei. Allerdings ist die
Verbreitung der Buschwälder sehr groß, indem diese Wälder (einschließlich der in Über
führung in den Niederwald-Betrieb begriffenen und der in Verhegung befindlichen Busch
wälder) 732.237 Hektar oder rund 17^ Procent der Oberfläche Bosniens einnehmen.
Die Ausbreitung der für die klimatische, hydrologische, hygienische und forstwirthschaftliche
Bedeutung eines Landes so wichtigen Kategorie der geschlossenen Hochwälder ist aber
noch größer. Der räumliche Antheil dieser Wälder betrügt in Bosnien 1,500.973 Hektar
oder rund 36 Procent seiner Gesammtfläche; Bosnien würde daher schon im Besitze dieser
Wälder allein zu den bestbewaldeten Ländern der österreichisch-ungarischen Monarchie
und auch Europas zählen. Dagegen hat das südliche Schwesterland Bosniens, die
Bosnien und Hercegovina.
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