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Parkes. Alles ringsum ist Thermalgebiet, und durch die saure Bodenkrume quillt allwärts
Schwefelwasser hervor. Es ist dies keine neue Entdeckung, denn römische Bautenreste
besagen, daß das heilkräftige Wasser schon im Alterthum seine Schätzer fand, und
bedeutende neolithische Funde lassen auf die Bedeutung dieses Ortes selbst in vorgeschicht
licher Zeit schließen; daß man sogar die halbmythische mittelalterliche Hauptstadt
Vrhbosna hier suchte, ist bekannt. Aber was da auch jemals war, es ging vollständig zu
Grunde in dem letzten halben Jahrtausend, und das heutige Jlidze steht buchstäblich auf
einer neuen Culturschichte, ist eine neue, einheitliche Schöpfung.
Nahezu fünfzehn Jahre der Occnpation gingen hin, ehe man den eigentlichen
Quell gefunden. Erst 1893,. als man in einer ansehnlichen Tiefe eine starke Sinterdecke
durchstieß, stieg zischend eine enorme Wassermasse auf. In einem steinernen Schachte
kocht und brodelt nun die klare, bläuliche Flut, schwere Schwefeldämpfe aushauchend,
die sich in kühlen Nächten zu Wolken verdichten. Die Mächtigkeit des Sprudels, dessen
Ergiebigkeit täglich für Tausende von Menschen hinreicht, und seine thermischen Eigen
schaften, durch die er sich sowohl bei äußerem Gebrauch, wie durch interne Anwendung
als Heilmittel erweist, werden Jlidze gewiß über kurz oder lang zu einem Welt-
curorte machen.
Der Therme ist eine ganze Reihe der modernsten und zweckentsprechendsten Ein
richtungen und Anlagen dienstbar: große, mustergiltige Badeanlagen, komfortable Hotels,
gute Restaurants. Der Europäer braucht hier, wo noch vor zwei Decennien das Röhricht
in den Schwefelwassertümpeln wucherte, auf keine seiner verfeinerten Lebensgewohnheiten
zu verzichten, und der Orientale fühlt sich hier nicht minder wohl in dieser Ressource von
Sarajevo. Während der Saison keuchen unaufhörlich dichtbesetzte Localzüge durch das
Polje, und au Festtagen zeigt Jlidze ein buntes ethnographisches Bild, eine wahre
Völkerkarte des heutigen Balkan. Die Bosnaquellen sind mit ihren reizenden Anlagen
eine Dependenz von Jlidze und locken zahlreiche Ausflügler an, gleich den Ortschaften am
Fuße des Jgman. Und wenn das Polje in seinem reichsten Schmucke prangt, dann erwacht
das jenseits der Zeljeznica zwischen Pflaumengärten schlummernde mohammedanische
Dörfchen Bntmir für eine Weile, um sich das fashionable Getriebe auf dem großen
internationalen Rennplätze, der in seiner Gemarkung liegt, zu besehen. Mit seiner Gekurgs-
Decoration und der malerischen Staffage der Einheimischen ist der Turfplatz bei Jlidze
wohl einer der schönsten und interessantesten der Welt.
Nach dem Blick gegen Westen auf die Hochebene wenden wir uns ostwärts, den
Bergen zu. Den weiten Kreis der Sarajevo umgebenden Hochgebirge schließt im Osten der
Glasinac mit der Romanija. Über die abwechslungsreiche Gebirgslandschaft, in welche
die Miljacka-Schlucht hineinsührt, erhebt sich eine natürliche Burg von überwältigenden