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Volltext: Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild: Steiermark

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Dialsct und Dialectdichtung der Deutschen. 
Manchen Hochlandssteirer mag es Wunder nehmen zu hören, daß seine Landsleute 
deutscher Zunge an die achterlei „Sprachen" sprechen und daß es mehr als Einen Winkel 
gibt, in welchem der zugereiste den ansässigen Stammesverwandten kaum zu verstehen 
vermag. Freilich sind unter diesen Sprachen nur verschiedene Mundarten gemeint, aber 
immerhin hält es schwer, dieselben insgesammt unter den Einen bajuvarischen Hut zn 
bringen. Die gegenwärtige Sprechweise gestattet da und dort noch Lauten einer anderen 
früheren vorzuschlagen, ähnlich wie ein Palimpsest an verschiedenen Stellen die ursprüng 
liche, sonst weggetilgte Schrift durchschimmern läßt. Im eigentlichen Hochland ist der 
Dialect noch einheitlicher und ausgeglichener, wogegen im westlichen und östlichen Hügel 
land, da wo die Landkarte den großen Einbug hat, die mundartliche Musterkarte auffallend 
reich und bunt ist. Das hängt offenbar mit der Besiedelungsgeschichte des Landes 
zusammen; im gebirgigen Theile sind die Deutschen früher und in großer, dem Stamme 
nach geschlossener Masse auf einmal seßhaft geworden, während in der mittleren Zone das 
deutsche Einwanderungsgeschiebe als jünger, als ruckweise vorgeschritten und, der Herkunft 
nach, als gemischter sich erweist. Die vielen Schlösser — einst Burgen und weitgebietende 
Herrensitze —, welche vom Hochland herab bis zur heutigen Sprachgrenze sich staffelweise 
an einander reihen, sind dafür im Westen eine ebenso deutsame Erscheinung als östlich in 
noch längerer Ausdehnung die Aufeinanderfolge von einst befestigten Grenzstädten wie 
Friedberg, Hartberg, Fürstenfeld und Radkersburg. Auch sind nicht blos Herren baierischen 
Stammes, sondern auch Schwaben, Franken und selbst Niederdeutsche ins Land gezogen, 
und die kriegerischen Gebieter brachten sicherlich Gefolge und Gesinde je ihrer engeren 
Landsmannschaft mit, das sich ausbreitete, bis es an die Grenzen einer anderen festen 
Herrschaft stieß. Auf einem ziemlich eng umschriebenen Flecke des westlichen Hügellandes 
glaubt man niederdeutschen Anklängen zn begegnen; der Riegersburger jm Osten will sich 
noch seiner schwäbischen Herkunft erinnern; an Fränkisches wird man diesseits der Lasnitz 
gemahnt und die aus Ungarn herüberragenden Heanzen sind ihrem genaueren Ursprünge 
nach noch immer ein Räthsel. 
Halten wir nun Ober- und Mittelsteiermark in mundartlicher Beziehung gegen 
einander, so will uns als durchgreifende und allgemeinste Verschiedenheit bedünken, daß 
der Hochländer die einfachen Vocale, wo er von ihnen Gebrauch macht, rein ausspricht, 
während sein östlicher und südlicher Landsmann dieselben durch Vorschlag oder Nachklang 
in Doppel- und selbst dreifache Laute verwandelt. Man braucht nur vom Mürzthal aus 
über die Fischbacher Alpen oder von kärntnischer Seite über die Koralpe zu setzen, um auf 
diese eigenthümliche Schwellung der Selbstlaute zu stoßen. Am entschiedensten ist sie im
	        
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