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Volltext: Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild: Steiermark

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versammeln, erscheint sie. Abends versammeln sich die Nachbarn im Trauerhause, beten für 
des Todten Ruhe und singen. Am Begräbnißtage früh legt man den Todten in den Sarg 
und stellt denselben vor die Hausthüre, wo ein redegewandter Mann die guten Eigenschaften 
des Todten feiert und Abschied von ihm nimmt. Das Forttragen der Leiche soll den 
Hausthieren gemeldet werden. Das Begrübniß findet gewöhnlich Vormittags statt, da um 
12 Uhr die Todten den neuen Ankömmling begrüßen kommen und es für diesen leichter ist, 
einen solchen Besuch bei Tag als in der Nacht zu empfangen. In der Gegend von 
Gonobitz herrscht der Glaube, daß der zuletzt Begrabene so lange an dem Fricdhofsthore 
Wache halten muß, bis der nächste begraben wird. Nach dem Begrübniß versammeln sich 
die Verwandten zum Todtenschmans (,8ocknriim°, in der Murgegend ,kmrnrE«), eine 
Erinnerung an die alten heidnischen Todtengebräuche. 
Die Seelen ungetanst gestorbener Kinder fliegen des Abends unter Zischen und 
Pfeifen durch die Luft. Das Volk nennt sie Movse" oder Wer sie hört und ans 
einem klaren Bache Wasser nach ihnen spritzt und dazu die Tauffvrmel sagt, kann sie 
erlösen. Jedenfalls darf man nicht pfeifen, wenn man sie hört, oder über sie spotten, denn 
es ging sonst schlecht. 
Das Volk ist sehr gesangliebend und sieht die ganze Natur mit poetischen Augen an. 
Die Vögel reden ihm eine verständliche Sprache, die Goldamsel erzählt dem Hirten, wo 
sich die verlorene Stute befinde, die Lerche fordert den Ackersmann zur Saat und zur 
Arbeit ans, die Wachtel spottet der säumigen Arbeiter; am eigenthümlichsten ist es jeden 
falls, daß man der Lerche nachsagt, sie singe beim Aufsteigen, sie wolle den Herrgott 
erschlagen, bereue aber ein solches Beginnen, da sie sich beim Niedcrfliegen gleichsam 
entschuldigt, sie habe die Keule dazu vergessen. 
Ebenso wirken in dem Festkalender noch alte heidnische Naturanschauungen, ver 
klärt durch den Einfluß des Christenthums nach. Weihnachten (llomo, ein Verkleinerungs 
wort aus 60A, Gott) ist so heilig, daß Derjenige, welcher an dem Tage stirbt, geraden 
wegs in den Himmel kommt. Darum ist sie auch zur Erforschung der Zukunft besonders 
geeignet. Spaltet man vor dem Gange zur Mette sechs Bnchenktötze und legt dieselben 
nach der Reihe der Monate von Osten gegen Westen nebeneinander und streut auf jedes 
Stück ein Hänschen Salz, so erkennt man die feuchten und regnerischen Monate des 
künftigen Jahres, denn auf deren Klötzen ist das Salz zerflossen. Dasselbe kann man 
auch mit Zwiebelhälften erforschen. Als Festbrot bückt man noch teilweise den 
doch kennen wenige Hausfrauen die dazu nöthigen Ingredienzien. Das Hans wird 
geschmückt, die Krippe in der Ecke des Zimmers ausgestellt und eine Taube als Sinnbild 
des heiligen Geistes über dem Tische aufgehängt. Abends deckt man den Tisch und legt 
drei Laibe Brod darauf, eines ans Roggen-, das zweite ans Heiden- und das dritte ans
	        
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