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Volltext: Europäische Buntpapiere

für die Breite der Gattung »Buntpapier«, deren Vielfalt, handwerkliche Schön 
heit und Einmaligkeit das abgestumpfte Auge der modernen Menschen erst wie 
der sehen und schätzen lernen muß. 
Die Buntpapiersammlung des Benediktinerstiftes Göttweig ist keine systemati 
sche, vielmehr ist sie im Laufe der Zeit vom 17. bis ins 19. Jahrhundert aus den 
diversen Kleinschriften als solche angewachsen. Die Schriften behandeln in erster 
Linie Festpredigten, Totenparten, Konventskataloge, Kalender, Gratulations 
und Glückwunschadressen für Priesterjubiläen oder sonstige kirchliche Jubelfei 
ern. Ein großer Teil bezieht sich auf Universitätsthesen hiesiger und sonstiger Pro 
fessen. Im Graphischen Kabinett sind es hauptsächlich Umschläge für Augsbur 
ger Graphiklieferungen im ursprünglichen Mappenverband, im Musikarchiv No 
tenmappendeckelblätter und Libretti-Umschläge. Somit verteilen sich die Be 
stände also in erster Linie auf die Stiftsbibliothek, das Graphische Kabinett und 
das Musikarchiv. Die Buntpapiere sind durchwegs noch im originalen Verband 
erhalten, was den Vorteil hat, daß die Buntpapierbögen häufig sehr nahe an die 
Originalbogengröße heranreichen und auch das ganze Muster und den Rapport 
desselben besser aufzeigen, als dies ein kleines, isoliertes Musterblatt tun kann. 
Es ergibt sich allerdings auch der Nachteil der Verschmutzung des Papiers und 
besonders des Ausbleichens durch Jahrzehnte hindurch. Doch gibt es immerhin 
noch Blätter, die nahezu unbeeinträchtigten Zustand zeigen und durch glückliche 
Umstände in Konvoluten vereint, Ursprungseindruck vermitteln. 
Im Verlauf der Sortierung der Kleinschriften nach Druckorten (Krems, Wien, 
Graz, Linz, Steyr, Salzburg usw.) oder nach Gattung und Intention, nach hiesigen 
oder externen Autoren, nach Votanten oder Sponsoren ist die Idee zur Präsenta 
tion der Umschläge erwachsen, und nun wird in dieser Ausstellung erstmals der 
hauptsächliche Bestand der in Göttweig vorhandenen Buntpapiere der Öffent 
lichkeit vorgestellt. Durch die Entstehungszeit dieser Kleinschriftensammlung 
bedingt, hegt das Schwergewicht der Buntpapiere in Göttweig natürlich auf den 
barocken Brokat- und Bronzefirnispapieren. Dabei fällt auf, daß überdurch 
schnittlich häufig, fast bis zur Ausschließlichkeit hin, Augsburger Brokatpapier 
Verwendung fand, weit vor Nürnberg und Fürth. Von Augsburg dominieren die 
Buntpapier-Werkstätten Leopold, Munck und Stoy, was besonders durch deren 
überragende Produktion bestimmt war, wie auch aus der Vielfalt erhaltener Mu 
sterkarten ersichtlich ist. Für Göttweig besonders bemerkenswert ist das Fehlen 
von figürlichen Buntpapieren nach Art von Ausschneidebilderbögen, die Apo 
stel, Heilige, Tiere des Paradieses wie überhaupt die üppige Fauna beinhalten. 
Ebenso fehlen Themen mit Berufsdarstellungen, ABC-Buchstabenbögen und 
Zwergen- und Orbis pictus-Papiere, die mehr in Fürth produziert wurden. Das- 
selbe Phänomen dürfte sich auch in den Beständen weiterer österreichischer 
Mitte und Klöster wiederholen, die ebenfalls durch Augsburger Unterhändler 
mehr auf das Zentrum Augsburg hin orientiert waren. Leider ist der Buntpapier 
bestand noch keines einzigen österreichischen Stiftes erfaßt worden, Göttweig 
versucht hier anregend zu wirken. Das Ziel wäre sicherlich eine sehr dichte Liste 
von Buntpapieren in der Art des Inventars bei Haemmerle ab Seite 197 bis 249 
mu über 664 Inventarnummern. Gerade aus diesen unerschlossenen Beständen 
mußten sich noch etliche unbekannte und unbelegte Papiernummem so mancher 
Augsburger Buntpapier-Werkstatt eruieren lassen. 
Ob dabei noch weitere unbekannte Hersteller-Namen auftauchen, ist freilich 
ragheh. Immerhin hat der Göttweiger Bestand einen neuen Namen für die Liste 
schon bekannter Hersteller gebracht, nämlich den von »Krawat« (Nr. 44), der 
sich bislang nicht nachweisen und urkundlich festlegen hat lassen. Durch die son- 
s ige Augsburger Dominanz müßte auch »Krawat« vorbehaltlich in Augsburg zu 
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