MAK

Volltext: Ausstellung Österreichischer Hausindustrie und Volkskunst

tauchende Ware aus den mährischen, in der Um' 
gebung von Tele befindlichen Werkstätten stammt. Im 
XVIII. Jahrhundert, mit dem immer stärker werdenden 
deutschen Einflüsse, verliert auch diese Ware ihre 
kunstvolle Ausführung und ihren eigenartigen 
Charakter, und geschmacklose Fabriksprodukte be' 
herrschen allmählich den Markt. Man findet zwar 
bis jetzt noch hie und da einen Töpfer, der seine 
Umgebung mit dem gewöhnlichen Hausgerät ver' 
sorgt, von einer regelmäßig betriebenen Hausindustrie 
wird jedoch keine Rede sein können, so lange es 
den in der letzten Zeit eiffigst gepflegten Bemühungen 
um die Einführung der keramischen Industrie, be' 
sonders in Südböhmen, nicht gelingen wird, bei dem 
Volke selbst mehr Verständnis zu finden. Es ließe 
sich zwar noch eine ganze Reihe von verschiedenen 
Gewerbszweigen aufzählen und in jedem hie und da 
eine Spur der ehemaligen Volkskunst und Hand' 
fertigkeit finden. Die niedlichen, aus bunten Lappen 
angefertigten Puppen, die im Gebirge noch häufig 
vorkommende, manchmal recht komplizierte Krippe, 
schön geschmiedete Kreuze auf den kleinen Dorf' 
friedhöfen, aus dem Zündschwamme genähte Mützen, 
hölzerne, buntbemalte Wanduhren, selbstangefertigte 
primitive Geigen, schöne Dudelsackpfeifen, alter 
Granatschmuck und mit falschen in der Turnauer 
Gegend bis jetzt noch erzeugten Edelsteinen ge' 
schmückte Knöpfe, Kämme, Stecknadeln etc. — alle 
diese in den Museen jetzt auf bewahrten Gegenstände 
sind stumme Zeugen einer vergessenen, größtenteils 
auch verloren gegangenen Volkskunst. 
68
	            		
Am deutlichsten ist ein solches Schwinden der Volkskunst an den volkstümlichen, geschriebenen und mit Malereien oder Zeichnungen geschmückten Büchern zu sehen. Die böhmische Miniaturmalerei entwickelte sich unter italienischen und französischen Einflüssen in der Zeit vom XIV. bis in das XVI. Jahr- hundert in selbständiger und vollkommener Weise. Mit dem Verfalle dieser Kunst beginnt dann im Laufe des XVIII. Jahrhunderts die Vorliebe des Volkes für den Buchschmuck. Es finden sich sehr schöne auf ältere Vorlagen und Einflüsse zurückführende Exem- plare von geschriebenen Gebetbüchern, Liedersamm- lungen vor. Doch blieb es nicht bei der manchmal auch kunstlosen Nachahmung von alten Mustern. Die Zeichnungen und Malereien dieser Volksbücher weisen auch selbständige, derjenigen der alten Sticke- reien nicht unähnliche Ornamente auf, und verstehen es, schön entwickelte Pflanzenmotive, sowie die kunst vollen Schnörkel der alten Urkundenschrift mit Ge schick der Miniaturtechnik anzupassen. Sobald jedoch einige Buchdruckereien das Volk mit ihren Erzeug nissen in höherem Maße zu versorgen beginnen, fängt auch die Schreibkunst und Miniaturmalerei an zu schwinden und der neuen Literatur Platz zu machen, so daß es jetzt nur noch die Verleger selbst sind, die dem Volke kunstlose Volksbücher, abge schmackte Kalenderliteratur und eine unglaublich hohe Anzahl von Kriminalromanen als geistige Kost mit Erfolg anbieten. Mehr als andere Gewerbszweige — die Textil industrie und Stickerei ausgenommen — hat die Be- 69
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.