Die reichliche Verwendung der Spitze an Hemd
und Haube, Decke und Tauftuch hat die kunst-
geübten Hände zu den feinsten Arbeiten befähigt.
Vorwiegend von weißer Farbe wird die kraftvollere
Klöppelspitze der großen Leinentücher mit roten
Wollfäden durchschlungen, die feineren dagegen durch
gelbe Seiden- und Goldfäden, wohl auch durch Unter
legen eines roten Stoffes gehoben.
Es kann nicht wunder nehmen, daß dieser fest
begründete Vorrat an Formen und Farben nicht
bloß auf die Stickerei beschränkt bleibt, sondern
auch in der Töpferei und Möbelbemalung wieder
kehrt und sich in der Buchmalerei so recht als
Ausdruck eines immer schmuckfrohen Geschlechtes
bewährt. In der Slowakei ließ sich ja für das acht
zehnte Jahrhundert sogar eine volkstümliche Buch
malerschule feststellen als Gegenstück zu den im
XVI. Jahrhundert aufblühenden Meistersingern der
deutsch-mährischen Städte, etwa Iglaus. Bis in die
ersten Jahrzehnte des XIX. Jahrhunderts hat der
Schullehrer oder selbst nur ein schriftkundiger
Bauer ein Cancionale zu gemeinsamem Sang tunlichst
groß zu schreiben und mit farbigem Zierat zu
schmücken gehabt. An textile Vorbilder, namentlich
an Spitzen erinnernd umfaßt die ornamentale
Ausstattung der Cacinonale immer zwei Blattseiten
als gemeinsame Fläche und verwertet wie die Stickerei
vornehmlich Pflanzenmuster, aber auch Tierkörper,
z. B. Drachenköpfe.
Daß ebenso mit naturalistischen Randleisten gezierte
Schriftwerke auch in deutscher Sprache in Verwendung
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