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Volltext: Geschichte und Terminologie der alten Spitzen

Der grämliche Seneca raisonnirt ernstlich über dieses Unwesen, 
Kleider, sagt er, wenn man so etwas noch ein Kleid nennen 
kann, daran nichts ist was den Körper schützt, oder die Züch 
tigkeit. Diese Seide kam nach demselben Autor aus fernen Ge 
genden, nämlich von den Serern, einem nordindischen Volke, 
von dem sie später der Mönch Kosmos unter Kaiser Justinian 
zum zweitenmale holte, und hatte bedeutende Preise, denn nach 
Vopiscus galt noch unter Kaiser Aurelian ein Pfund Seide gleich 
einem Pfund Golde. Anfangs war es das schöne Geschlecht allein, 
welches sich in Ganzseide (holosericon) oder leinengemischte Halb 
seide (subsericon) kleidete, während der Mann sieh dieses für 
weichlich geltenden Stotfes enthielt, ja der strenge Tacitus sagt 
wörtlich: das Seidengewand besudelt den Mann. Wo jedoch die 
Schriftsteller der Seide gedenken, ist stets deren besondere Dünne 
und Durchsichtigkeit mitverstanden. Dahin gehören auch die Koa, 
koischen Gewänder, unter welchen allerdings bisweilen byssus, 
Baumwolle verstanden wird, Fabrikate, deren Erwähnung bei 
Aristoteles und Isidor deutlich zu zeigen scheint, dass auf der Insel, 
wonach sie genannt wurden, der Seidenwurm bereits acclimatisirt 
und sein Gespinnst zu textilen Zwecken verwendet wurde. Ein 
Mädchen, Plateo, des Pamphilos Tochter, wird hier in fast mythi 
scher Weise als Erfinderin aufgeführt, indem sie, wie die Mit 
theilung lautet, einem Insect einen Faden aus dem Munde zu ziehen 
wusste, woraus sie Gewebe anzufertigen im Stande war. Wollen 
wir uns eine Vorstellung davon machen, auf welche Weise der 
artige durchsichtige Stoffe am Leibe getragen wurden, so gibt uns 
das Porträt der Aegyptischen Königin Ta'ia, Gemahlin Ameno- 
phis des Dritten, in dem Werke von Prisse d’A vennes (histoire 
de l’art Egyptien, Paris 1873), eine treffliche Probe. 
Aber all’ diese Seiden- und Byssosstoffe, nicht minder die 
Sindones, welche aus Linnen gewebt und im Orient wie bei den 
Graeco-italischen Nationen beliebt waren, sind trotz ihrer Eigen 
schaft des Durclischeinens keine Spitzen. Nur eine Stelle des viel 
kundigen Plinius, des grossen Polyhistors des ersten Jahrhunderts 
nach Chr., hat die Frage angeregt, ob nicht der Luxus römischen 
Lebens den reizendsten Schmuck der Spitzenarbeit gekannt habe, 
eine Stelle, welche ihrer Dunkelheit halber eine Uebertragung
	        
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