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Volltext: Geschichte und Terminologie der alten Spitzen

kaum möglich macht. Sie uennt die Serer ein wegen des Gespinnstes 
das ihre Wälder liefern edles Volk, wobei offenbar an den Maul 
beerbaum gedacht ist; spricht von der Weisse der Blätter, welche 
durch Uebergiesen mit Wasser abgenommen wird, also den Cocons, 
welche sich in das Laub eingesponnen und angehängt haben, 
und fährt dann weiter fort: „Hieraus erwächst für unsere Frauen 
die zwiefache Arbeit, die Fäden neu zu entwirren und abermals 
zusammenzufügen.“ Aus dieser Mittheilung haben die Einen 
geschlossen, man habe aus Asien fertige Seidengewänder zu den 
Römern gebracht, die dort erst in Fäden zerlöst wurden, etwa 
weil die fremde Tracht nicht anwendbar gewesen wäre, aber wir 
wissen ja, dass man die Bereitung der Seide aus den Cocons bei 
den Völkern unseres classischen Alterthums selbst handhabte. 
Deshalb meinten Andere, Plinius habe an nichts weiter gedacht, 
als dass die Cocons nach Europa gebracht, hier erst aufgehaspelt 
und dann erst verwebt wurden, daher die „doppelte Arbeit“, wo 
von er spricht, endlich aber entschieden sich wieder Andere dafür, 
es deute jene Stelle auf die Anfertigung von Spitzen, und zwar 
solchen, die man später gemäss der Technik, einzelne Fäden 
auszuziehen und so künstliche Lücken und Durchbrechungen her 
zustellen, punto tirato nannte. Denn bei dieser Arbeit muss aller 
dings zuerst der Stoff als Ganzes gewebt werden und folgt darauf 
erst die andere Mühe, welche im Wiederauslösen einzelner Faden 
partien besteht. 
Indess es findet sich nirgends, weder bei den Schriftstellern, 
noch an Sculpturen oder Pompejanischen Malereien auch nur 
die geringste Bestätigung dafür, dass das Genre der punti tirati 
oder irgendanderer Spitzengattungen einen Theil des antiken 
Costümes ausgemacht hätte, auch stellen sich sprachliche Gründe 
jener Auslegung entgegen, und wäre den Analogis entsprechend 
die Ausführung derartiger Spitzen gerade aus dem Material 
der Seide am wenigsten wahrscheinlich. Ich halte vielmehr dafür, 
dass Plinius die in gedrehte Strähne gewickelte Rohseide im 
Auge gehabt habe, welche wie wir sie heute von dem in seinen 
Gewohnheiten seit Jahrtausenden gleich gebliebenen Volke des 
himmlischen Reiches erhalten, auch damals nicht anders geliefert 
sein werden, und hiebei entsprang für die römischen Frauen aller-
	        
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