12
■Frauen, und der Bolognesisclie Maler Aurelio Passerotti dedicirt
sein erstes Spitzenbuch (um 1560) den Gentildonne, das zweite den
•Signori Bolognesi.
Vom technischen Gesichtspunkt stellt sich unter diesen älte
ren italienischen und insbesondere den venezianischen Spitzen
gattungen im Zusammenhänge mit den obengedachten voraus
gehenden Arbeiten des Mittelalters, die Netzspitze als die ein
fachste dar. Wenn wir von ihr, der reticella, sprechen, so ver
steht sich bereits, dass hier von einem zusammenhängenden Stück,
einem Streifen, einem Freggio oder Fries oder gar selbst von
einem noch grösseren, tucbartigen Formate die Bede ist, ich
meine, der Gegensatz zum blossen Zackenbesatz, den wir unter
merli uns zu denken haben. Der genetzte Streifen mit seinen
mannigfach combinirten, aber meist streng geometrischen Dessins
kann selbst ohne Saumbesatz sein, oder er nimmt selber noch
den Zackenschmuck der merli an sich, um durch dieselben nach
unten einen Abschluss zu haben. Das quadratische Gerippe dieser
Spitzenart wurde hergestellt, indem man durch ein Maschenwerk
Fäden in Netzform vereinigte, oder, indem man die überflüssigen
Fäden aus dem Stoffe auszog, wie letzteres schon bei mittelalter
lichen Nadelarbeiten selbst des 13. Jahrhunderts geschehen war,
so nämlich, dass die Figurirung oder Ornamentation in dieser
Quadratur dann erst nach einer Zeichnung gewissermassen ein
getragen oder ausgenäht werden muss. Arbeiten dieser Art bezeich-
nete auch ein älterer Name als griechische Spitzen, woher wahr
scheinlich der Irrthum zu leiten ist, dass man von einer Ueber-
tragung der gesummten Spitzenkunst von den Byzantinern zu den
Italienern fabelte; was unter point de Grece verstanden wird, ge
hört einer viel späteren Epoche an.
Das Ausziehen der Fäden, wodurch als feinstes Kunstproduct
der punto tirato der Italiener entsteht, ist eine uralte Grund
technik und Grundlage vieler Arten der Ausführung. Der Fran
zose nennt den durch Netzung hergestellten Grund lacis, wenn
die netzförmigen Felder mit Mustern gefüllt werden, aber lacis brode,
und die Quarres selbst mit dem dem italienischen reticella ent
sprechenden Namen reseau, der jedoch noch weitere Bedeutung
hat. Points contes heissen sie in den Musterbüchern, weil die