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s wurde oben bereits darauf hin
gewiesen, dass die technischen Vor
arbeiten, aus welchen schliesslich die
auch artistisch bedeutende, die wahr
haft classisch zu nennende Blüthe des
Spitzenfaches während des 16. Jahr
hunderts in Italien, Frankreich und
Deutschland hervorgehen konnte,
hauptsächlich von Nonnenhänden ge
pflegt wurden, welche frommen Frauen
ja auch die ersten Spitzenschulen für Vornehm und Gering eröff
net hatten. Diese ausschliesslich dem Dienste des Herrn gewid
mete Thätigkeit hatte sich aber kaum irgendwo so reich entfaltet,
als in den Niederlanden, deren Beguinagen ein Heer fleissiger
Nadelkiinstlerinnen beherbergten. Wir sind nicht im Stande
anzugeben, wie früh man bereits in den dortigen Mädchenschulen,
deren Anzahl im heutigen Belgien beinahe auf ein Tausend
gestiegen ist, angefangen habe, Spitzen auf dem Klöppelkissen
(fuseau), zu fertigen; ebenso schwierig ist es in diesem Falle
ein Urtheil zu geben, ob die Technik, welche der Italiener
a piomhini betitelt, auch dahin aus dem Süden gekommen oder
ob sie im eigenen Lande aus den mittelalterlichen Anfängen sich
herausentwickelt habe; genug, es steht fest, dass die Nieder
lande das eigentliche Terrain der Klöppelei, sind, und bilden
dieselben somit die Antipoden der italienischen Weise. Diese
Gegenstellung hat aber noch in weiterer Beziehung Sinn, indem
streng übereinstimmend mit dem allgemeinen Kunstcharakter beider