1854 nahmen einige böhmische Firmen an der „allgemeinen deutschen In-
dustrie=Ausstellung“ in München teil; J. und C. Pfeiffer und H. Fischer aus Gablonz
sowie A. Pazelt aus Turnau zeigten „Quincaillerie-Fabrikate“ (darunter „Ohrglocken“
und Perlen) in vielfältigen Techniken: „theils hohl, theils massiv, gedruckt, gemalt,
gestreift in allen Farben (wie rosa, opal, rubin, schwarz, granat, corallroth, Atlas, Gold,
Silber), geschliffen und ungeschliffen, rund, länglich, spindelförmig“. Pfeiffer wurde
mit der „Großen Denkmünze“ „wegen großer Schönheit und Wohlfeilheit ihrer Glas=
und Quincailleriewaaren und des ungewöhnlich großen Betriebes“ ausgezeichnet,
Fischer erhielt die „Ehrenmünze“ „wegen Schönheit und Billigkeit seiner Perlen,
Steine und Knöpfe von Glas“ (München 1854, Bericht 1855, S. 47).
Folgende Produkte des Reichenberger Kammerbezirkes zählte man um 1880-1881
zu den Glaskurzwaren:
1. Glasknöpfe, Glasperlen, Glasschmuck, Glaskästchen, Glasspielwaaren, Glaspfeifenspitzen
(Bernstein-Imitation), Glasgespinnste, Glaswolle etc.
2. Garnituren, Brochen, Ohrringe, Fingerringe, Medaillons, Diadems, Kämme, Haarnadeln,
Armbänder, Kreuze, Tuchnadeln, Colliers, Collierschliessen, Manschettenknöpfe etc. etc.
(aus Glas und in Verbindung mit Bronze).
3. Glasbriefbeschwerer f. Photographien, Glaspyramiden mit Thermometer, geometrische Kör
per aus fein geschliff. Krystallglas für den Schulgebrauch.
4. Kronleuchterbehänge, als: Prismen, Pendeloques, Spitzen, Tassen, Ketten etc., Lichtman-
chetten, Messerleger, Flacons, Tintenfässer, Glasthürgriffe etc.
5. Imitirte Edelsteine in allen Farben.
6. Schwarze fein geschliffene Phantasie-Glassteine, Platten, Schnallen etc. für Bijouterie-Fabri
kation.
7. Perlenstickereien, als: Ampeln, Wandkörbe, Glockenzüge, Blumenkörbchen etc. (Stehlik
1880-81, S. 198).
Einen statistischen Überblick über „die eigentliche Glasquincaillerie=Fabrikation“ im
Gablonzer und Tannwalder Bezirk gibt Gerner:
„Stangen=, Prismen= und Stängelglashütten bestanden 1870 in Summa 9. Diesen
Unternehmungen standen 13 Glasöfen mit 79 größeren und kleineren Hafen, dann 12 Stampf
werke zu Gebote. Die Zahl der beschäftigten Arbeiter betrug 336. Nur noch eine niederösterrei
chische Hütte erzeugte Stangenglas, und zwar im Ausmaße von 8 Ctr.
Glascompositions^Brennereien bestanden 58. In diesen wurden 264 Arbeiter beschäf
tigt.
Die Production, als rohe Glasstangen, Prismen, Druck= und Compositionsglas betrug 60.438 Ctr.
im Werthe von fl. 907.000
Glasdruckhütten, das heißt Anstalten, in welchen das bezogene rohe Stangenglas im wei
chen Zustande gepreßt („gedruckt“) wird, um dann an Schleifer, Vergolder etc. abgegeben zu
werden, bestanden 160 und beschäftigten 1032 Arbeiter.
Schleifwerkstätten, die größtentheils Wasserkraft benützen, wurden 268 gezählt. Die Zahl
der Trämpelzeuge (Schleifstühle, die mit dem Fuß des Arbeiters in Bewegung gesetzt wer
den müssen) war annähernd 1800. In diesen Schleifwerkstätten wurden 2859 männliche, 975
weibliche, endlich 140 Kinder, in Summa 3974 Arbeiter beschäftigt.
Spinnereien, in denen das massive oder hohle Rohglas mit Hilfe des Löthrohrs vor der
Lampe verarbeitet wird, waren 76 thätig und in ihnen zusammen 1021 Arbeiter.
Perlenbläsereien, in denen in gleicher Weise hohle Perlen geblasen, dann geschliffen, ge
malt, echt und unecht vergoldet und versilbert werden, bestanden 87 mit 610 Arbeitern.
Außerdem wurden noch 172 Gürtlerwerkstätten mit 1234 Arbeitern von der Glasquincaillerie in
Anspruch genommen.
Der Werth der gesammten Glasquincaillerie-Production betrug mindestens 2 Millionen Gulden.
Hierher zu zählen sind noch 31 Unternehmungen Niederösterreichs, die mit 42 Arbeitern Glas=
und Wachsperlen im Werthe von fl. 87.000 erzeugten.
Erwähnenswerth ist die Erzeugung diverser Glasperlenarbeiten, die in Pribram in Böhmen von ei
nem Etablissement ausgeübt wird, welches 11, meist weibliche Arbeiter beschäftigt und aus circa
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