„Fabrikation und Export böhm. Glas- und Bronze-Schmucksachen als Ringe, Vorstecknadeln,
Colliers, Ohrringe, Medaillons, Broches, Kreuze, Damen-Garnituren etc. Specialitäten in Auf
putzartikeln für Modisten-Geschäfte“(Stehlik 1878-79, Spalte 605).
F. J. Kittel in Kukan bei Gablonz führte in seiner Wiener Niederlage ebenfalls
„Perlen, Colliers, Ohrgehänge, Brochen, Garnituren, Fingerringe, Knöpfe; ferner in Hutschmuck,
wie: Agraffen, Hutschnallen, Korallen, Prismen etc.“(Stehlik 1878-79, Spalte 605).
Ab etwa 1870 kam es verstärkt zum Einsatz von Maschinen neben der manuellen
Verarbeitung der angebotenen Glasperlen; als Beispiele dafür seien die Privilegien
von Demzak und Schneider für eingewebte Perlen genannt (Abb. 99, S. 158;
Abb. 103, S. 162).
STICK- UND STRICKPERLEN AUS VENEDIG UND MURANO
Winzige Perlen, auf dünnsten Fäden aufgereiht, in Musterbücher geheftet oder zu
kleinen Büscheln gebunden, sind uns nicht nur wegen der verblüffende Zahl ihrer
Farbschattierungen kostbar: die venezianischen Stick- und Strickperlen des
Technischen Museums sind Rarissima aus der Zeit vor 1818 (Abb. 104, S. 163).
„Stickperlen“ werden die sehr kleinen, gelochten Perlen in manchen Quellen genannt,
„Strickperlen“ in anderen. Beide Bezeichnungen weisen auf ihre Verwendung und
Eignung für Stick- und Strickarbeiten hin, während die ungelochten oder „Streuperlen“
einen anderen Zweck erfüllten. Die Begriffe „Rocailles“ und „Ballotini“ sind ab dem
2. Viertel des 19. Jahrhunderts in gedruckten Quellen belegt.
Den Begriff „Rocaille“ kennen wir aus der Kunstgeschichte; er bezeichnet jenes
charakteristische Ornament von unregelmäßig geschwungenem Duktus, dem es auch
den Ausdruck „Schweifornament“ verdankt und das namensgebend für die Stilperiode
des Rokoko war.
Die Stick- und Strickperlen werden bei Loysel definiert als
„etwa 3 A Linien im Durchmesser haltende und durchbohrte Kügelchen, von durchsichtigem und
undurchsichtigem Glas, von allen Farben und Abstufungen derselben, die auf seidene oder an
dere Fäden gefaßt, zum Stricken, und Darstellung aller Arten von Zeichnungen in Farben ge
braucht werden“ (Loysel 1818, S. 303).
Die kleinen Stickperlen, genannt „margheritine (marguerites)“ verdanken ihr Ent
stehen der Kunst des „margaritaio (margaritaire)“. Bussolin unterscheidet zwei
Klassen von Perlenfabriken („fabriques de conteries“): die Erzeugung von Schmelz
glas oder „conteries fines“ (feine Perlen) und jene der Rocailles oder „conteries
ordinaires“ (gewöhnliche Perlen) (Bussolin 1847, S. 8). Schließlich führt Bussolin
drei Gruppen von Perlen an, im Handel unter der Bezeichnung „conteries“ be
kannt:
1. die „margaritines“zum Sticken, im Handel „charlottes“ genannt
2. Die „conteries“im eigentlichen Sinn, von verschiedener Größe und Qualität, allgemein unter
der Bezeichnung „yä/s“und „rocailles“ bekannt
3. Die an der Lampe gearbeiteten Perlen zur Erzeugung von Rosenkränzen, Halsketten, Arm
bändern, Ohrgehängen, Hutnadeln („tete d’epingle“) usw. (Bussolin 1847, S. 31,32).
Bei der Aufzählung der verschiedenen Zweige der Glasfabrikation nennt Bussolin die
Schmelz- und Perlenfabriken („Fabriques d’emaux, perles de verre colore, appelees
en general, jais, rocailles, ou conteries“) an erster Stelle und hebt deren Einzigartigkeit
auf der ganzen Welt hervor (Bussolin 1847, S. 5). Bei Leng werden die Strickperlen
dem Schmelz gleichgesetzt (Leng 1835, S. 500). Von Altmütter werden die „Strick=
oder Stick=Perlen“ als die bekanntesten Venetianer Perlen bezeichnet (Altmütter
1841, S. 92).
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