auch Lilie verweist: „Seit neuerer Zeit geschieht das Sprengen und Schleifen der
Perlen auch mit Maschinen nach venetianischem Muster“ (Lilie 1895, S. 166). Bei
diesen gegen Ende des 19. Jahrhunderts in Böhmen eingeführten sogenannten
„Sprengmaschinen“ nach venezianischem System handelte es sich allerdings um
einen Hackvorgang, der mit dem ursprünglichen „Sprengen“ nicht identisch ist.
Um die Jahrhundertwende waren „Sprengmaschinen“ („Sprengen“ im Sinne von
„Hacken“) in mehreren Unternehmen eingesetzt, wie wir von Winter wissen:
„... die Fabrik Hübner ... Im letzten, einem Raum von der Größe eines Kabinetes, standen drei
Sprengmaschinen, jede von einer Arbeiterin bedient. Während der Alte Perle um Perle von
einem Stab absprengt, gehen hier 40 bis 50 Stäbe auf einmal durch einen Kamm, hinter dem sie
die Guillotine erwartet, die rasselnd auf und nieder saust, 70bis 75mal in der Minute!
Ebenso oftmals köpft ein Messer die 40 bis 50 Stäbe. Die gewöhnliche Stundenleistung der
Maschine beträgt 225.000 Stück, die höchste Stundenleistung des Handsprengers
aber 3428 Stück. Die Maschine bringt in zehn Stunden 50 bis 60 Kilo fertig, der Handspren
gerin 14 Stunden 1 Kilo ... heute sind bei Hübner in Gistei fünf, beiJuppe in Labau drei, bei
Breit in Wiesenthal, dem damals der Hauptsturm galt, 25, und bei Riedl in Polaun 38 bis
40 Sprengmaschinen eingestellt. In Betrieb sind gegenwärtig von diesen 73 Maschinen im Gan
zen 42..." (Winter 1900, S. 91, 92).
Erstaunlicherweise sind die zum Privilegium in Österreich angemeldeten Spreng- und
Zwickmaschinen in der einschlägigen Fachliteratur bisher weitgehend unerwähnt
geblieben.
Im Jahre 1877 meldete Adolf Schindler, „absolv. Techn.“ aus Wien, eine
„GlasperFSprengmaschine“ an, deren Schwungrad mit Fußbetrieb in Bewegung
gehalten wurde (Abb. 82, S. 138). Mittels einer einstellbaren Vorrichtung und eines
Zahnrades konnte die erwünschte Länge eingestellt werden. Als Neuheit bezeichnete
Schindler,
1. ) daß nicht wie bisher ein Arbeiter nur eine Stange schneidet, sondern 30-40 auf einmal, dass
also viel größere Quantitäten in derselben Zeit und bei derselben Arbeitskraft verarbeitet wer
den.
2. ) dass die Glasperlen alle ganz gleich groß aus!allen müssen, während dies bei der bisherigen
Handarbeit nicht der Fall war, ja nicht sein konnte.
Perlensprengmaschinen nach venezianischem System wurden gegen Ende der
Achtziger Jahre in Böhmen eingeführt. Nach Dressier brachte Josef Riedel jun. 1886
von einer Venedigreise eine Glashackmaschine nach Polaun, italienische Familien
wurden zur Einrichtung einer Schmelzerzeugung verpflichtet. 1888 baute Riedel in
Przichowitz eine Glasperlenfabrik, die eine Tagesproduktion von 10.000 kg hatte
(Dressier o.J., S. 1, 2). Im Jahre 1888 errichtete Ludwig Breit in Wiesenthal mit Hilfe
seines Werkmeisters Wilhelm Kaulfuß, der in venezianischen Glasfabriken Erfah
rungen gesammelt hatte, ebenfalls eine Sprengmaschine; im Laufe der Zeit betrieb er
nicht weniger als 16 Maschinen dieser Art (Dressier o.J., S. 2; Parkert 1925, S. 146).
In seinen Erinnerungen erzählt Ludwig Breit von der Sprengerei:
„Dort standen, so weit ich mich erinnere, 11-12 Sprengmaschinen, die von der Firma Rudolf Feix
in Bad Schlag geliefert waren. Die Stengel wurden über ein gezahntes Untermesser durch Gum
miwalzen geführt und durch ein schnell auf und abgehendes Obermesser gesprengt (gehackt).
Die Untermesser waren aus Stahl und der jeweiligen Glasstärke angepaßt und so gerillt, daß bei
dem Schlag des Obermessers die Stengel an 3 Stellen getroffen wurden. Die Obermesser bezo
gen wir vor den 2 Kriegen von einer Firma in Sheffield aus England, die waren ganz aus Stahl
und mußten oft nachgeschliffen werden ...“(Breit 1987-90, S. 68).
Erwähnenswert erscheint, daß Kaulfuß im Jahre 1892 ein Privilegium auf eine
„Maschine zur Herstellung von Glasperlen“erhielt (Abb. 85, 86, S. 140, 141), die das
Zerschneiden der Glasstangen mittels eines Messers bewirkte, das sich auf und ab
bewegte. Während es sich bei Schindlers Maschine noch tatsächlich um ein
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