Als „Charlottes taillees“ bezeichnete man unregelmäßig geschliffene venezianische
Stickperlen. Dies waren „die feinsten und wertvollsten Perlen in einem reichen
Farbensortiment“(N.N., Sprengperlen o.J.).
„Man befestigt eine Anzahl ganz gleich dicker Röhren an ihren beyden Enden mit Wachs oder ir
gend einem Kütt, auf ein 2 Zoll breites Brettchen, so daß sie dicht neben einander liegen; dann
hält man die Röhren sammt dem Brettchen, an eine mit Oel und Schmirgel bestrichene umlau
fende hölzerne Scheibe, und führt mit den Röhren der Länge nach, einen gleichen Zug führend,
auf und ab, so wird sich auf allen Röhren eine schmale ebene Fläche bilden, welche man her
nach auf einer Zinnscheibe mit Zinnasche polirt, indem man den nämlichen Handgriff, wie bey
der Schmirgelscheibe anwendet; nun werden die Röhren von dem Kütt los gemacht, ein wenig
um ihre Achse gedreht, in dieser Lage wieder auf die obige Weise geschliffen und polirt; und
endlich werden sie abermals entküttet, ein wenig gedrehet und so eine dritte Fläche geschliffen
und polirt. Mit diesen drey Flächen ist es gewöhnlich genug, es stehet aber frey, deren so viele zu
machen, als einem gut dünkt; solche geschliffene Röhren werden nun auf die oben angezeigte
Weise in Stückchen gehauen, gerundet und eingefaßt, worauf sie dann das Ansehen von klein
geschliffenen Granaten haben“ (Loysel 1818, S. 305).
Das Schleifen von Perlen kann erfolgen, indem man mit Pech mehrere runde Röhren
„parallel und dicht neben einander auf einem Brete befestigt und sie zusammen
bearbeitet, oder auch, indem man eine nach der andern in der Rinne einer festen
Unterlage schleift“(Graeger 1868, S. 120).
Die einfachsten Schleifzeuge waren die handbetriebenen (sog. „Handzeuge“), wie sie
in Turnau üblich waren; hier entstanden mittels sogenannter „Quadranten“ die
kunstvollen Schliffe der Steine. Zu den schönsten Gablonzer Schleifarbeiten der
Biedermeierzeit gehören die Perlen eines Gablonzer Biedermeier-Colliers, das jede
Perle in einer anderen Schliffart zeigt (Abb. 143, S.206). In Gablonz ließen sich
größere Steine in Schleifmühlen leichter bearbeiten, und auch die „kleine Arbeit“
wurde dort bald ausgeführt. Kukan war seit dem letzten Viertel des 18. Jahrhunderts
ein weiteres Zentrum der Steinschleiferei; auf fußbetriebenen Schleifzeugen
(Trempelzeugen) schliff man ganz kleine Steine („Carmoisiere“). Die Com-
positionserzeuger und Glashändler aus Liebenau wandten sich ebenfalls an die
Steinschleifer von Gablonz, und auch in Reichenau wurde die Steinschleiferei bald
eingeführt (Benda 1877, S. 278 ff.).
„Auch in Bezug auf den Schliff ist man den Formen der Edelsteine ziemlich treu geblieben; die
gebräuchlichsten Formen sind Carmoisiere, Rosetten, Rauten, ovale Rosetten, Quadraten und
lang viereckige mit scharfen oder abgestumpften Ecken, Triangles, Tropfenförmige, Spitzelipti-
sche u.s. w. Diese sind wieder nach den Schliffen in Abtheilungen gesondert und man unterschei
det zwei-, dreh, vier=, fünfmalige, rautig=, halbrautig=, oder treppig=geschliffene Steine...“
(Benda 1877, S. 279, 280).
Die Anzahl der Facettenreihen wird durch die Bezeichnungen 2malig, 3malig usw.
hervorgehoben; nach Posselt wurden die „zweimalige Perlen“ durch die nicht ganz
regelmäßig abgeschliffenen Ecken der gesprengten Bissein charakterisiert; Posselt
nennt die zweimaligen Perlen auch „Schrauben“. Seinen Angaben nach wurden sie
eine Zeit lang in einem Kasten, worin eine Schleiftafel angebracht war, gemahlen
(„geleiert“) (Posselt 1907, S. 3, 10, 11). „Dreimalige Per/en“entstanden nach Posselt
durch den regelmäßigen einmaligen Abschliff der gesprengten Bissein; ferner gab es
auch fünfmalige und siebenmalige Perlen (Posselt 1907, S. 3). An anderer Stelle
stellte Posselt fest, daß die zweimaligen Perlen ebenso erzeugt wurden wie die
dreimaligen, nur daß keine Ecken abgeschliffen, sondern an einem Dörnel rund
geschraubt wurden (Posselt 1907, S. 9). Nach Posselt war das zu den kleineren
schwarzen zwei- und dreimaligen Perlen verwendete Glas anfangs rundgezogen und
erst in den Schleifmühlen sechskantig geschliffen worden. Die geschliffenen Stängel
(damals „Stajgl“ genannt) wurden auf Trempelzeugen gesprengt und auch darauf an
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