auch in den benachbarten tschechischen Gegenden geschliffen, wo damals „die
Perlenschleiferei ihren ausschliesslichen Sitz hat“ (Gablonz 1898, S. 164).
Der Schleifer arbeitete am Trämpelzeug (fußbetrieben) oder am mit Wasserkraft
betriebenen Radstuhl (Oertel), ein Arbeitsplatz, der vom Schleifmühlenbesitzer oft
vermietet wurde („Oertelpacht“). Modelle von Hand- und Trempelzeugen veran
schaulichen diese Technik ebenso wie das Bild eines Perlenschleifers an der Arbeit
(Abb. 131-134, S. 188-191).
Der Einsatz von Maschinen zur Glasperlenschleiferei ist in der zweiten Hälfte des
19. Jahrhunderts dokumentiert: das älteste Privilegium dieser Art fand ich in jenem
von Hatscher/Haida aus dem Jahre 1868 (Abb. 118, 119, S. 178, 179). Der
Herstellung von geschliffenen kleinen Glasperlen („Schmelz“) war ein Verfahren von
Strauss in Gablonz gewidmet; es bestand im wesentlichen im Andrücken der
Glasröhrchen an die Stahlscheiben einer schnell rotierenden Messerwalze (Abb. 120,
S. 180). Verfahren zum Schleifen von Glasperlen in Trommeln gehen auf Rössler/
Wiesenthal (Abb. 123, S. 181) und Bayer/Gablonz (Abb. 121, 122, S. 180, 181)
zurück. Neben einer Zeichnung sind auch noch Muster des Privilegiums von Strauss &
Co./Gablonz erhalten (Abb. 124, 125, S. 182); den Perlenschleif-Apparat von Schöler/
Wiesenthal erhielt Weiskopf/Morchenstern als „Cessionär“ (Abb. 126, S. 183). Mit
dem „Rundschleifen von Glaskorallen“ befaßte sich das Privilegium von Schmidt/
Friedstein (Abb. 127, 128, S. 185). Perlenschleifmaschinen meldeten auch Daniel
Swarowski, Franz Weiss & Armand Kosmann in Johannesthal (Abb. 129, S. 186)
sowie Hellmich/Wolfersdorf (Abb. 130, S. 187) zum Privilegium an.
POLIEREN
Die glänzende Oberfläche der Perle konnte auf verschiedenste Weise erzielt werden;
am begehrtesten (schönsten und teuersten) war das sogenannte „Zinnpolieren“,
wobei, wie der Name schon sagt, eine Zinnscheibe verwendet wurde; weitere
Verfahren waren das Wasserpolieren und das Feuerpolieren. Bei der besonderen
Beschaffenheit mancher Perlen waren nur bestimmte Polierprozesse möglich, so z. B.
kam bei der Atlasperle nur das Wasserpolieren in Frage. Das alte venezianische
„Rondieren“in der Pfanne und in der Trommel war ein Glänzen durch Hitze, also eine
Art von Feuerpolieren. Der Ausdruck „Schmelz“ wird von manchen Autoren auf das
Polieren durch Erhitzen im Feuer zurückgeführt (Lilie 1895, S. 166); Verbesserungen
führten zum „Doppelschmelz“ (zweimal polierte Perlen) oder zum „Neuen
Doppelschmelz“, der in besonders guter Qualität aus einem von Riedel erzeugten
scharfkantigen Glas hergestellt wurde (Posselt 1907, S. 10).
Der Ausdruck „geschmirgelte“ Perle ist deshalb irreführend, weil keineswegs die Perle
selbst, sondern die Druckform so fein geschmirgelt wurde, daß die Oberfläche nach
dem Drückvorgang bereits glänzte und nicht mehr nachbearbeitet werden mußte.
Größere Perlen wurden nach Posselt zuerst auf der Holzscheibe poliert; später erfolge
die Feuerpolierung in einem Polierofen. Das Feuerpolieren soll vor etwa 100 Jahren
von einem Neudorfer durch Zufall erfunden worden sein:
„Er trocknete die Perlen in der Bratröhre bei starkem Feuer und ließ sie recht lange darin (wahr
scheinlich hatte er vergessen, sie rechtzeitig herauszunehmen). Die Perlen waren ins Schmel
zen übergegangen und hatten dadurch einen herrlichen Glanz erhalten“(Posselt 1907, S. 8, 9).
Die sogenannte „Maschinen-Perle“entstand, indem man rohe Sprengperlen in einen
Kasten mit einem Schleifstein warf; durch Rotieren wurden die scharfen Ränder
abgerundet, dann poliert.
Eine zeitgenössische Quelle gibt detailliert Auskunft über die Vorgänge beim Polieren
gegen Ende des 19. Jahrhunderts (R. S., Das Schleifen künstlicher Edelsteine,
Sprechsaal 1896, S. 1026).
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