DIE MUSTERKARTEN DER FIRMEN REDLHAMMER UND MAHLA
Im Jahre 1913 erhielt das Technische Museum für Kunst und Gewerbe in Wien von
der Firma Gebr. Redlhammer in Gablonz eine „Musterkollektion von Porzellanperlen
u. Knöpfen" zum Geschenk; zur selben Zeit kamen wohl auch die Musterkarten der
Firma Gebr. Mahla in das Museum. Beide Unternehmen waren stark exportorientiert;
während Redlhammer die angebotenen „Porzellanperlen“ auch selbst erzeugte,
dominierte bei Mahla das Exportgeschäft, das für die gesamte Gablonzer Industrie
lebensnotwendig war.
„... der Exporteur-so nennt die heutige Terminologie den Glasverleger... nimmt die neuen Mu
ster entgegen, welche ihm die bei ihm Beschäftigung suchenden Leute (Gürtler, Glasdrucker,
Glasspinner u.s.w.) vorlegen oder er lässt durch seine Bediensteten u. zw. durch die sogenann
ten , Mustermacher‘ solche Muster bei diesen aufnehmen und sorgt, dass diese direct oder durch
Reisende den Geschäftskunden, vorwiegend auswärtigen Handlungsfirmen, zum Behüte der
Auswahl und Bestellung zukommen. Mitunter schicken solche Kunden aber auch Muster frem
den Ursprungs ein, wornach dann der Exporteur die gewünschte Anzahl Stücke herstellen lässt.
Das Muster, worauf die Bestellung einläuft, nimmt in der Regel die Thätigkeit mehrerer Arbeits
gruppen in Anspruch ...Da tritt zwischen ihn und die verschiedenen Erzeuger der Lieferant. Mit
diesem vereinbart der Exporteur den Preis der nach bestimmten Mustern zu liefernden Ware und
den Zeitpunkt der Uebergabe (Lieferung) der letzteren; das sonstige, Wie ‘ und, Was' der Herstel
lung ist nicht mehr seine Sache. Der Lieferant beschränkt sich entweder auf das eigentliche Lie
fern, ohne persönlich an der Erzeugung theilzunehmen, oder er hat selbst eine Werkstätte, eine
Schleiferei, Druckerei oder Gürtlerei u. dgl. Im ersten Falle ist er reiner Vermittler, welcher das in
der Hütte oder vom Händler gekaufte Rohglas zunächst dem Drucker, dann dem Schleifer zur
Weiterverarbeitung übergibt, mit jedem den Lohn vereinbart und schließlich die fertige Ware dem
Auftraggeber nach dem mit ihm zuvor verabredeten Preise abliefert..." (Bräf 1882, nach Lilie
1895, S. 198).
„Die von der Glas- und MetallkurzwarenHndustrie erzeugten Waren werden von den Erzeugern
nicht selbst auf den Weltmarkt gebracht, sondern durch den Exporthandel ...Es kann geradezu
gesagt werden, dass ohne den Exporthandel der so bedeutende wirtschaftliche Aufschwung
wohl niemals erlebt worden wäre.
ZurZeit bestehen im Bezirke beiläufig 150 Exportfirmen; als die größten derselben gelten in der
Krystallbranche die Firma Eduard Dressier, in der Knopfbranche die Firma Gebrüder Mahla, in
Bijouteriewaren die von W. Klaar, in der Perlenbranche die Firma J. H. Jeiteles Sohn...
Die Mustermacher=Abtheilung macht keineswegs alle die benöthigten Muster selbst... sondern
sie besorgt sich dieselben nur zur Einordnung in die von ihr anzu fertigenden, Musterkarten 1 (Col-
lectionen), doch arbeiten die,Musterchefs' ausnahmsweise auch selbständig Entwürfe zu neuen
Mustern aus. Das Auspreisen, die geschmackvolle Anordnung auf den Musterkarten, das Auf
heften u.s.w. erfordert weitere Arbeitskräfte ...“(Lilie 1895, S. 197, 198).
Die 1878 gegründete Firma Gebr. Mahla besaß um die Jahrhundertwende ein
Exporthaus in Gablonz a. d. Neisse, eine „Fabrik von Glas- und Metallknöpfen,
Krystallwaaren, sowie Glas-Kurzwaaren“ in Morchenstern, ferner eine Holz
pappenfabrik in Pasek, Niederlagen in Berlin, Paris, London, Vertreter in Wien,
Frankfurt und Hamburg. 300 Arbeiter und 120 Angestellte waren um 1900 beschäftigt
(Adreßbuch 1900, S. 117), um 1910 etwa 500 Arbeiter (Hanel 1/1910, S. 194).
Die Musterkarten von Mahla zeigen, obwohl nicht mehr in ursprünglicher Anzahl
erhalten, einen guten Überblick über die Gablonzer Perlen: kleine Stifte und
Sprengperlen (Abb. 304, 305, S. 352, 353) aus Kristallglas (das mit Farbe
„eingezogen“ sein kann) und Farbglas; massive Perlen runder und ovaler Form, glatt
oder facettiert bzw. ornamentiert, vorwiegend wohl Druckperlen (Abb. 306-313,
S. 354-359); Atlasperlen in verschiedenen Farben (Abb. 314, 315, S. 360, 361),
Hohlperlen mit Färb- und Silbereinzügen (Abb. 317, 318, 324, S. 362-363, 368) sowie
Feingoldperlen (Topasglas mit Silbereinzug, Abb. 316, 319, S. 362, 364) und die
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