Bericht der Handels- und Gewerbekammer in Reichenberg über die gewerbs- und
handelsstatistischen Verhältnisse ihres Bezirks im Jahre 1856, S. 164-167:
4) Glas-Quincaillerie-Erzeugung.
Die Glas-Quincaillerie-Erzeugung hat seit dem Jahre 1852 einen beachtenswerthen Auf
schwung genommen, was sich allein aus dem Umstande erweist, dass die Anzahl der steuer
pflichtigen Gürtler, welche sich ausschliesslich mit Verarbeitung, respektive Fassung der Glas-
compositionsgegenstände und Glasspinnprodukte zu falscher Bijouterie beschäftigen, im Ga
blonzer Bezirke seit dem Jahre 1852 von 78 auf 135 gestiegen ist und in diesem Verhältnisse
sich auch die Hilfsarbeiter vermehrt haben ...
Als Hauptunternehmer erscheinen einige Glasquincailleriehändler, deren Geschäftsverbindun
gen sich in alle Welttheile erstrecken und die, obschon der ganze Industriezweig nicht in ge
schlossenen Fabriksetablissements betrieben wird, sondern grösstentheils in Hausarbeit be
steht, in die Kategorie der Grossgewerbe gehören. Die enorme Billigkeit der gewöhnlich dut-
zend-und grosweise verpackten Artikel, die einzeln berechnet, oft nicht auf den klein
sten Bruchtheil eines Kreuzers zu stehen kommen, wird durch die Theilung der
Arbeit und dadurch hervorgebracht, dass meistens ganze Familien bei der Produktion sich be
theiligen.
Da die Glas- und Quincaillerie-Waarenerzeugung im Gablonzer und Tannwalder Bezirke aus
glatten und geschliffenen Glasperlen (massiv und hohl), aus Glassteinen in allen Formen und
Farben, aus Kronleuchter- und Lustersteinen, aus Spiegelsteinchen, Flacons, Lichtmanchetten,
Messerlegern, Glasspinnerei- und Lampenarbeiten, Glasknöpfen mit und ohne Malerei und Ver
goldung, aus unächter Bijouterie: als Colliers, Broches, Pendeloques, Fingerringen, Bracelets,
Vorstecknadeln und derlei Schmucksachen in der grössten Mannigfaltigkeit bestehend - wie
oben erwähnt, keine geschlossene, sondern eine vielseitig gegliederte Hausindustrie ist, wozu
die einzelnen Schmelzereien, Glas- und Compositionsbrennhütten, Druckereien und Quetsch
werkstätten nur das Rohmaterial zur Schleiferei und weitern Raffinirung liefern, so lässt sich von
diesem Industriezweige keine ziffernmässig richtige Zusammenstellung machen und die nach
folgende Tabelle enthält nur die annäherungsweisen Daten über eine Fabrikation, die lediglich
dem Export und reinen Activhandel gewidmet ist und im Ganzen jährlich ein Quantum von
50,000 Ctr. im Werthe von mehreren Millionen betragen kann, während sie ungefähr 20 Tausend
Menschen beschäftigt.
Was die Lohnverhältnisse bei der Glasquincailleriewaarenerzeugung anbelangt, so lassen sich
dieselben gleichfalls nur annäherungsweise angeben ...
Die Ausfuhr von Glas- und Glaswaaren betrug bei den Zollämtern des Kammerbezirks im Jahre
1856 - 72893 Ctr.; eingeführt wurden von diesen Artikeln daselbst nur 457 Ctr.
Mittheilungen aus dem Gebiete der Statistik. Zehnter Jahrqanq. II. Heft Wien 1863
S. 115:
Böhmen. Reichenberg. Im Kammerbezirke standen während des Jahres 1860 (wie 1856)
13 Glashütten mit 18 Schmelzöfen und 120 Hafen im Betriebe. Sie verbrauchten 50.842 Ctr.
Rohmaterial (Quarz, Pottasche, Soda etc.), 22.790 Klftr. Holz und 49.300 Ctr. Mineralkohle, die
Erzeugung an Tafel-, Hohl- und Stangenglas betrug 37.100 Ctr. im Werthe von 620.700 fl. Wenn
diese Glashütten in letzter Zeit vollauf und selbst in höherem Maasse beschäftigt waren, als in
früheren Jahren, so kömmt dieses Ergebniss lediglich auf Rechnung der Glasraffinerie, deren
Bedarf an Rohglas (Schleif-, Krystall-, farbiges- und Stangenglas) beträchtlich gestiegen ist. An
dieser Raffinirung sind drei Glashütten mit 360 Schleifstätten, dann die Hohlglas-Hausschleiferei
von Haida und Umgebung mit 5.635 Schleifstätten, endlich die Perlen- und Quincaillerie-Erzeu-
gung von Gablonz mit 2.815 Schleifsteinen und 12.040 Arbeitern betheiligt. Die Ausfuhr von Glas
und Glaswaaren nach dem Auslande betrug bei den Zollämtern des Kammerbezirkes im Jahre
1859 73.760 Ctr., 800 Ctr. mehr als 1856.
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