wusste Endler besser Erfindungen zu machen, als sie zu verwerten. Er mußte sehr gut gelaunt
sein, wenn er Jemandem für Geld und gute Worte einige Hundert Dutzend Steine drückte. Wo er
hätte täglich mehrere Gulden verdienen können, zog er es vor, die geringsten Taglöhnerarbeiten
zu verrichten, die ihm wenige Kreuzer einbrachten. So kam es, dass sich die Compositionsdruk-
kerei bei uns damals nicht weiter ausbildete, und nach Endlers Tode wieder durch einige Zeit
ganz darniederlag. Hiezu mochte auch der Umstand beigetragen haben, dass man in Gablonz
damals noch keine Compositionen zu brennen verstand, und die Schleifer damals ihren Bedarf
an solchen von Turnau oder Liebenau beziehen mußten. Erst in den Jahren 1817 bis 1820 er
richtete Anton Mai Nr. 146 die erste Compositionsbrennerei in Gablonz (weiter im Gebirge soll
ein gewisser Seidel schon früher Compositionen gebrannt haben), und brannte rubin= und gra-
natfärbige Compositionen, woraus er Perlen druckte. Seine ersten Drucker waren Abraham
Dubsky aus Turnau und Wenzel Jäckel aus Gablonz. Anton Mai verspekulirte aber bei
diesem Unternehmen fast sein ganzes Vermögen, da ihm nebst oftmaligem Mislingen seiner
„Brände“ auch die hölzerne Brennhütte zweimal abbrannte. Nach seinem Tode führten seine
Söhne Franz und Anton das Geschäft weiter; Anton erbaute neben seinem Hause Nr. 49 eine
steinerne Brennhütte. In den 30er Jahren errichtete auch Johann Jäckel eine Compositions
brennerei; 1836 Anton Scheibler Nr. 340, welcher Compositionen in mehreren Farben er
zeugte, woraus hohle Perlen fabriziert wurden. Weitere Compositionsbrennereien errichteten in
Gablonz josef Scheibler Nr. 243, Josef Scheibler Nr. 259, Anton Rößler Nr. 545,
Clemens Huyer Nr. 222, August Waller Nr.621, Karl Josef Tham, August
Simm Nr. 400 und Vinzenz Kiesewetter Nr. 318. Außerdem wurden auch in der Umge
bung von Gablonz zahlreiche Compositionsbrennereien errichtet.
Doch kehren wir wieder zu unserem Endler zurück, denn nicht nur die Compositionsdruckerei,
auch die Perlblaserei soll er hier eingeführt haben. Verschiedenfärbige Perlen fertigten die Ve-
netianer schon im 14. Jahrhunderte, vorerst hauptsächlich als Kügelchen für die Rosenkrän
ze, wovon diese Meister„Paternostri“ hießen. Auch machte man dort schon Perlen aus Kri
stall, wovon 1327 ein nach der Levante gehendes Schiff hundert Dutzend an Bord nahm. Die
Waare gieng in die Häfen des schwarzen Meeres, Suristan und Aegypten, sowie tief in’s Innere
von Asien, sie prangten als Knöpfe an den Leibröcken der chinesischen Mandarine und
schmückten den Nacken orientalischer Frauen, sie galten als Münze am rothen Meer. Im
16. Jahrhundert verlieh Andrea Vidaore der Perlenerzeugung noch größeren Aufschwung
dadurch, dass er die Fertigung der Perlen an der Lampenflamme einführte. Derselbe war also
der Erfinder des Perlenblasens. Von Venedig mochten diese Kunst entweder die dort in der Ar
beit gestandenen Turnauer, oder die in Turnau sesshaft gewordenen venetianischen Arbeiter
mitgebracht haben. Von einem derselben hatte nun Endler vermuthlich das Perlenblasen
ebenso gelernt, wie das Steine= „drucken.“ Auch diese Kunst betrieb Endler sehr schwach und
in seiner eigensinnigen Weise, so dass sie erst von seinen Nachahmern in Flor gebracht wurde.
Wer nach E nd I e r als Erster in Gablonz das Perlenblasen betrieb, lässt sich nicht mit Sicherheit
ermitteln; die ältest bekannten Perlenblaser sind: Joachim Hemrich, Anton Scheibler,
Franz Wawersich, Josef Scheibler, Anton und Anastas Seidel, Anton Ap-
pelt u. a.
Anfangs wurden bloß runde Perlen erzeugt, und zwar von rubinfärbiger Composition, welche mit
Zinnober „eingemalt“ wurden und so die Farbe der Korallen erhielten. Später erzeugte man auch
„Birnein,“ Eicheln, Oliven, Lorbeeren u. a. Waaren aus hohlen Compositionsstängeln an der
Stichflamme der Lampe; auch beschränkte man sich nicht lange auf die Korallfarbe, sondern
verfertigte diese verschieden benannten Waaren in allen Farben. Dekorirt werden dieselben
auch durch Aetzen, Verspiegeln, Lüstern und Vergolden. Von Gablonz verbreitete sich die Per
lenblaserei in’s Gebirge, nach Morchenstern, Josefsthal, Maxdorf u. s. w. Die Perlenindustrie war
es, welche den Weltruf des Gablonzer Bezirkes begründete. Durch das Perlenblasen und die
Gürtlerei entwickelte sich erst so recht eigentlich die Hausindustrie der hiesigen Gegend zu ihrer
vollen Bedeutung. Durch die Perlenindustrie entstand auch eine eigene Spezialität der Schleife
rei, indem diese Perlen auf mit dem Fuße zu drehenden Schleifzeugen (sog. Trempelzeugen)
geschliffen (geschnitten) wurden. Als dann in neuerer Zeit aus Billigkeitsrücksichten die Perlen
meist ungeschliffen (roh) in den Handel kamen, verlor dieser Industriezweig allmählig seine Be
deutung und liegt jetzt beinahe ganz darnieder.
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