Gegenwärtig werden fast alle Sorten Glaskurzwaaren durch Malerei verziert, als: Knöpfe, Bro
schen, Ohrringe, Medaillons u. s. w.
Glasknöpfe, der bedeutendste Artikel für den Export, welchen der Gablonzer Bezirk aufzu
weisen hat, werden hier noch nicht allzulange erzeugt. Die ersten daselbst verfertigten Glas
knöpfe waren „Lampenknöpfe,“ sogenannt, weil sie gleich den hohlen Perlen an der Stichflamme
der Lampe, doch aus massiven „ganzen“ Stängeln erzeugt wurden. Der erste, welcher hier Lam
penknöpfe anfertigte, war Josef Scheibler, Perlenblaser und Compositionsbrenner. Die
Aufgabe, welche sich derselbe gestellt, war keine leichte; denn wenn auch die Anfertigung der
Knöpfe an und für sich für den geübten Perlenblaser nicht allzu schwierig war, gab es doch einen
Umstand, der das ganze Unternehmen zu vereiteln drohte. Es war dieß der Umstand, dass die
zu den Steinen und Perlen bisher verwandten Compositionen zu Knöpfen nicht zu verwenden
waren, und zwar deshalb nicht, weil die daraus erzeugten Knöpfe, indem die Compositionen das
Einspinnen der Oesen nicht vertrug, sämmtlich zersprangen. Es mußten nun Compositionen zu
standegebracht werden, welche sowohl das Einwickeln der Oesen als das Auflegen anderer Far
ben und des Goldflusses vertrugen, das heißt nicht zersprangen. Dieß brachte Scheibler end
lich zustande und wurde so der Gründer der hiesigen Glasspinnerei. Da nämlich die Lampen
knöpfe anfangs sehr gut bezahlt wurden, verlegten sich nicht nur viele der damaligen Perlenbla
ser auf die Anfertigung von Knöpfen, sondern es erlernten sie auch viele der bis dahin der Lam
penarbeit ferne gestandene Bewohner von Gablonz und Umgegend. Auch versuchte man bald,
— da man ja nun eine haltbare Compositionsmasse hatte und mit massiven Stängeln zu arbeiten
verstand - verschiedenartige Birnel zu Ohrgehängen, Glasringe, Vorstecknadeln, Flüssel, Man-
schett= und Chemisettknöpfe etc. anzufertigen. So bildete sich die Glasspinnerei immer weiter
aus, so dass jetzt mancher Glasspinner die kunstvollsten Sachen anzufertigen versteht. Die
Glanzperiode unserer Glasspinnerei waren die zwei Dezennien 1850-1870. Während dieser
Zeit war der Begehr nach Lampenknöpfen zeitweilig so bedeutend, dass ihn unsere Glasspinner
trotz des größten Fleißes nicht zu befriedigen vermochten. In Folge dessen breitete sich das Ge
werbe immer mehr aus und kam auch zu einem großen Theile, gleich der Perlenblaserei, in
weibliche Hände. Als dann die Lampenknöpfe aufhörten, Modeartikel zu sein, war die Ausbrei
tung dieses Industriezweiges mit Ursache, dass er rasch so weit zurückgieng, als er es thatsäch-
lich gegenwärtig ist. Deshalb ist aber die hiesige Glasspinnerei noch keineswegs auf dem Aus
sterbeetat gesetzt, sondern sie wird, sobald sich die Conjunkturen des Glaskurzwaarengeschäf-
tes wieder einigermaßen günstig gestalten, wieder wie ein Phönix aus der Asche erstehen. Der
Hauptsitz der Glasspinnerei ist Gablonz, nebstdem Grünwald, Neudorf und Morchenstern.
Nachdem die Lampenknöpfe bereits eine Zeit lang einen nicht unerheblichen Handelsartikel bil
deten, versuchte man um das Jahr 1830 auch auf anderem Wege Glasknöpfe zu erzeugen. Die
ser Versuch wurde von den Glasdruckern gemacht, welche aus Glas mittels Zangen Knöpfe
„drückten.“ Dieß war im Anfänge nicht so leicht, als man etwa glauben könnte, da es mancherlei
vergebliche Versuche kostete bis es endlich gelang, die Oesen so in der Druckform zu befesti
gen, dass sie sich haltbar in das weiche Glas eindrückten. Als die mannigfaltigen Schwierigkei
ten von den Druckern endlich überwunden worden, beeilte man sich, die neuartigen Erzeugnisse
durch die hiesigen Exporteure in Musterform in die Welt zu senden. Doch dauerte es jahrelang,
bis die ersten bedeutenderen Aufträge auf Druckknöpfe einliefen. Als das Jahr der erstmali
gen Erzeugung von Druckknöpfen in größerem Maßstabe ist 1832 zu nennen. Einen 6 Knopf be
zahlte man damals mit 14 kr. W. W. per Groß. Die ersten Druckknöpfe waren ebenso von
schwarzem Glase wie die jetzt am häufigsten begehrten. Wer der Erfinder der Druckknöpfe war,
ließ sich leider nicht ermitteln. Derselbe wird aber wohl kaum geahnt haben, dass seine Erfin
dung von so epochemachender Wirkung in der Geschichte der hiesigen Glaskurzwaarenindu-
strie sein würde, wie sie es geworden ist. Denn mit der Erzeugung und Raffinerie der Druck
knöpfe befassen sich gegenwärtig Tausende von Bewohnern unseres Bezirks. Die verschiede
nen Spezialitäten der Druckknöpfe zu beschreiben, ist ein Ding der Unmöglichkeit, da die Muster
von Druckknöpfen nach Tausenden und Abertausenden zählen. Bis vor Kurzem wurden die
Druckknöpfe fast durchgehends geschliffen, einige Pressknöpfe ausgenommen; erst in neuerer
Zeit versuchte man es, geschmelzte und geschmirgelte Knöpfe in den Handel zu bringen, sehr
zum Nachtheile des hiesigen Knopfgeschäftes. Geschmelzte Knöpfe heißen solche, welche
nicht geschliffen, sondern bloß von der anhangenden Brocke befreit und „gerändelt“ (der untere
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