braucht werden, die dort in noch vollkommenerer Ausführung als hier hergestellt werden.
Was noch zu Hunderttausenden von Grossen das Jahr über in Schmucksachen nach
Nord=Amerika von hier exportirt wird, sind die denkbar billigsten Schmuckgegenstände, Sachen
im Werte von 10 kr. bis 40 kr. das Gros (Fingerringe, Broschen, Vorstecknadeln, Kreuze, An
hängsel und Medaillons), welche theils aus einer gefärbten Reismehlmasse, theils aus Nickel
blech und Messing in Verbindung mit bunten Bildern, bunten Steinen und einfacher Malerei her
gestellt werden und zu sogenannten price-packages Verwendung finden, das heißt zu Gratis=Zu-
gaben für andere Arikel, und auch viel von Zuckerbäckern u. dgl. Gewerbetreibenden verwendet
werden, die derartige kleine Gegenstände mit ihrem eigenen Fabrikat zusammen in Schächtel-
chen und auch direct in ihre eigenen Gegenstände verpacken und verbacken.
Auch bei besonderen Gelegenheiten, wie z. B. im Berichtsjahr anlässlich der Präsidentenwahl
kommen billige Massenartikel, meist Broschen, Vorstecknadeln und Manschettenknöpfe in
Nachfrage, die mit den Bildnissen der betreffenden Persönlichkeiten (Candidaten und Gegen-
candidaten) versehen, auf kurze Zeit umfangreiche Beschäftigung bieten und zu tausenden von
Grossen bestellt und geliefert werden. (60-70 kr. 1 Gros.)
Gegenwärtig ist für England anlässlich des Regierungs=Jubiläum der Königin Victoria in derarti
gen PortraiPArtikeln auch wieder starke Nachfrage.
Das indische und südamerikanische Geschäft in Schmucksachen, liegt zufolge der dort herr
schenden Verhältnisse vollständig brach, auch Südafrika hat sich noch nicht wieder von den po
litischen Wirren und der Rinderpest erholt und kauft sogut wie gar nichts, Nordafrika, Egypten,
Klein=Asien nicht viel und auch in allen anderen Ländern stockt das Geschäft in noch nie dage
wesener Weise, so dass die Gablonzer GürtlerHndustrie schwere Zeiten durchzumachen hat
und viele Werkstätten feiern und schließen müssen.
Das Jahr 1896 ist für diesen Zweig der Gablonzer Industrie eines der schlechtesten gewesen,
und nur das Jahr 1897 lässt die Erwartung bezw. Befürchtung aufkommen, dass es das Jahr
1896 an Geringfügigkeit des Umsatzes noch übertreffen wird.
Hutschmuck, (Hutagraffen, Hutornaments) speciell für Damenhüte bestimmt, ebenso Hut= und
Haarnadeln gehören zu den bedeutensten Artikeln der Gablonzer Kurz= und Bijouteriewaren=Er-
zeugung, deren Mannigfaltigkeit sich in jeder Saison in Zehntausenden von Dessins offenbart
und der infolgedessen auch eine Reihe von Jahren hindurch ein ausgiebiges Arbeite und Er
trägnisfeld beschieden war.
Die erwähnten Artikel werden in Schwarz aus schwarzen Glassteinen in Metall aus versilbertem
und vergoldetem Metall und besonders viel in Simili=Diamanten der verschiedensten Qualitäten
hergestellt. Die schwarze Ware zerfällt wieder in gekittete, genietete, gelöthete und gedrahtete
Ware, durch welche Benennungen die verschiedenen Befestigungsarten der Glassteine auf die
MetalFUnterlagen bezeichnet werden. Die aus Metall hergestellten Dessins werden meistens
mit weißen und farbigen Steinchen und vielfach auch mit Malerei, der jeweiligen Moderichtung
entsprechend, verziert; die Simili=Sachen, welche hauptsächlich in Form von Schnallen, Cabo
chons und Bandeaux verlangt und gefertigt werden, gehen meist mit similisirten KrystalLSteinen,
(Simili=Diamanten) weniger mit farbigen Steinen, doch sind auch letztere, besonders seitdem die
schönen blassen Modefarben und die in allen Regenbogenfarben spielenden lris=Simili=Steine
hier in schöner Qualität fabricirt werden, zeitweilig von der Mode aufgenommen worden.
Aber auch dieser Artikel, der ein so ausgesprochener Mode=Artikel wie kaum ein zweiter ist, hat
einstheils unter der Ungunst der Mode, welche anstatt der Jais=, MetalP und SimilPAgraffen viel
Federn, Stroh und künstliche Blumen verwendete, schon seit dem Jahre 1895 stark gelitten, an-
derntheils ist demselben eines seiner HaupPAbsatzgebiete - Nordamerika - nicht nur durch die
Ungunst der Mode, sonern hauptsächlich durch die politischen Wirren, die durch die 1896er Prä
sidentenwahl und die damit verbundenen Zollverhältnisse dortseibst entstanden, verloren ge
gangen. - Die bedeutendsten amerikanischen Käufer dieses Artikels, die zweimal jährlich hier
Ordres darin placirten, die in die hunderttausende Gulden giengen, sind während des Jahres
1896 gar nicht gekommen und haben den geringen Bedarf im brieflichen Wege und auf bloße
Bemusterung gedeckt. - Die allgemeine Geschäftsstockung am nordamerikanischen Markte hat
speciall diesem Modeartikel arg mitgespielt und den Arbeitern in dieser Branche schwere Verlu
ste gebracht, die der deutsche, der englische und der französische Markt, die nach dem nord
amerikanischen die Hauptconsumenten dieses Artikels sind, nicht wett zu machen im Stande
waren, da auch diese Märkte unter der Ungunst der Mode mehr und mehr zu leiden hatten.
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