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Leider erhielt dieser Artikel durch die über Indien hereingebrochene Pest und Hungersnoth in 
den letzten Monaten des Jahres 1896 den Todesstoß. - Abgesehen davon, dass das indische 
Geschäft durch diese traurigen Verhältnisse überhaupt fast auf Null zurückgieng, wurden ganz 
speciell diese Glas=Armreifen schwer davon betroffen, da die, überhaupt gegen alles Europäi 
sche eingenommenen fanatischen indischen Priester den unwissenden Hindu’s, deren Frauen 
diese Armreifen als Hauptsächlichen Schmuck trugen (jede Hindufrau trägt bis zu sechs Paar 
solcher Reifen an ihren Armen) vorpredigten und versicherten, dass diese österreichischen 
Bangles die einzige Ursache der Heimsuchung ihres Volkes durch die Pest sei, dass dieselben 
vergiftet seien resp. aus giftigen Bestandtheilen hergestellt seien (besonders die grünen), dass 
die rothen mit Thierblut gefärbt seien (Thiere sind den Hindu’s heilig), dass die Götter über die 
Prunksucht der Frauen zürnen, die sich mit diesen fremdländischen Reifen schmücken, und 
dass alle Männer sterben müssen, deren Frauen diese Glasringe tragen u. s. w. 
Die Folge davon war, dass die gläubligen Hindufrauen ihre Armreifen zerschlugen, und dass der 
ganze indische Markt mit einem Schlage absolut todt für den Artikel wurde. - Viele Hunderte Ki 
sten mit solchen Reifen liegen noch heute unverkauft in Indien und sind zu keinem Preise anzu 
bringen. Dennoch ist die Meinung der indischen Importeure dahin gehend, dass von dem Augen 
blicke an, wo die Pest verschwunden sein wird, der Artikel wieder in Aufnahme kommt. - Die be 
deutenden Vorräthe, die sowohl in Indien bei den Händlern als auch noch in den Zoll= und Lager 
häusern liegen, die großen Lager, die durch die Anullirung noch offen gewesener Ordres in Ga 
blonz bei Exporteuren und Arbeitern vorhanden sind, lassen jedoch für den Preis das Schlimm 
ste befürchten. 
Außerdem fabricirt China, welches früher nur Waren dieser Art in ganz bedeutend schlechterer 
Qualität auf den indischen Markt brachte, jetzt seit kurzer Zeit ebenfalls bessere, der Gablonzer 
Ware ähnliche Qualität, und bei den weltbekannt billigen Löhnen und Preisen, die für chinesi 
sche Arbeiter und deren Fabrikate gezahlt werden, wird es somit doppelt schwierig sein in die 
sem Artikel das vortheilhafte Geschäft noch einmal wiederkehren zu sehen. 
Einen, wenn auch nur kleinen Ersatz für das diesem Artikel verloren gegangene indische Absatz 
gebiet bietet jetzt (1897) Egypten, Syrien und Nordafrika, wo solche Reifen Liebhaber und in im 
merhin beachtenswerten Quantitäten, wenn auch in keinem annähernden Vergleich zum indi 
schen Bedarf, Absatz finden. - Leider differiren die Bedürfnisse dieser Länder gegen Indien in 
einem wesentlichen Punkte so, dass von den aus indischen Ordres herrührenden Lagervorrä- 
then wenig oder gar nichts für Egypten etc. verwendbar ist. 
Während nämlich Indien diese Reifen hauptsächlich in kleinen Größen von 1 'k bis 2 Zoll inne 
ren Durchmesser kaufte, und nur wenige über 2 Zoll große Reifen bestellte (dazwischen wurden 
alle Größen in jedem V16 Zoll bestellt und geliefert,) kauft Egypten fast nur ausschließlich große 
Nummern von 2 Zoll aufwärts in ’/s Zollen bis 2 V2 Zoll steigend. - Besonders beliebt sind hier 
Reifen mit eingesetzten Simili=Steinen, und werden in solchen Steinen alle möglichen Figuren, 
wie Vögel, Fische, Sterne, Halbmonde, ja sogar das plastische Bild des Khedive gemacht und in 
die Glasmasse eingesetzt. 
Krystallerie. Einer der wichtigsten Zweige der Gablonzer Krystallbranche ist die Lusterglas 
erzeugung, die Erzeugung von Prismen, Birnel, Koppen und verwandten Artikeln. 
In den ersten achtziger Jahren hatten diese Artikel einen glatten und guten Absatz zumeist nach 
England, Frankreich, Italien, Deutschland, Schweden und Norwegen, Amerika und insbeson 
dere auch Indien. 
Gegen das Jahr 1878 aber fieng sich eine merkliche Verflauung bemerkbar zu machen an, der 
Artikel fand nicht mehr so glatten Absatz, die Preise wurden täglich gedrückter und unter dem 
Einflüße einer gewissen Ueberproduction stagnirte schließlich der Artikel beinahe zur Gänze. 
Um einerweiteren Entwertung vorzubeugen, einigten sich im gleichen Jahre die Prismenprodu 
centen über gleichartige Verkaufspreise um insbesondere wieder das Vertrauen zu dem Artikel 
zu wecken, welches durch die stets billiger werdenden Offerten ins Schwanken gekommen. 
Die Action hatte auch insoferne Erfolg, als in der That sich aus dem flauen Geschäftsgänge ein 
regerer entwickelte, zumal mit den ersten neunziger Jahren sich Amerika als Käufer für die so 
genannten „U“ Birnel einstellte, welcher Artikel eine ungeahnte Production erreichte. Die Ver 
kaufspreise dieses Artikels waren vielfachen Schwankungen ausgesetzt und variirten von 1 fl. 
50 kr. bis 4 fl. und noch höher für das Hundert dreizölliger Birnel, mit welchen Verkaufspreisen 
die jeweiligen Löhne Hand in Hand giengen. Die Jahresproduction dieses Artikels mit 6 Millionen 
408
	        
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