diese Firmen, sowie alle anderen Exporteure, mit dem Vertriebe der gesammten Glasindustrie-
Erzeugnisse in grossem Maasstabe befassen.
Der Grundzug und Charakter der Glaswaaren-Industrie ist, wie später dargethan wird, die Haus-
Industrie und haben nur einige, und zwar die erwähnten vier Firmen, sowie Gebrüder Feix in Al-
brechtsdorf und Joh. Umann in Tiefenbach im hiesigen Bezirke eigene Fabriken, in denen sie al
lerdings nur den geringsten Theil ihrer Exportwaaren erzeugen, und zwar hauptsächlich Specia-
litäten, da in der Fabrication der Stapelartikel die Fabriks-Industrie mit der Flaus-Industrie schwer
zu concurriren vermag, es sei denn durch besondere technische Vortheile, welche sich die ge
nannten Fabrikanten bei dem einen oder anderen Artikel errungen haben.
Gegenwärtig liegt die Industrie sehr darnieder, was hauptsächlich dem Umstande zuzuschreiben
ist, dass die maassgebenden Artikel derselben, Knöpfe, Besatzperlen und Flutschmuck, von der
Mode nicht begünstigt und deshalb auch nicht, wie es sonst der Fall zu sein pflegt, in grösserem
Maasstabe angewendet werden, so dass sich in diesen drei Branchen allein ein ganz erheblicher
Ausfall des Exportes ergibt. Dazu kommt nun noch, dass der Export nach den überseeischen
Staaten einesteils durch Pest und Hungersnoth in Indien, durch Revolution in Südamerika, das
gelbe Fieber in Centralamerika, durch die unstabilen Zollverhältnisse in Nordamerika und durch
die Einführung der Dingley-Bill daselbst schwer zu leiden hat.
Auch Brasilien war für den Import der hiesigen Artikel durch circa 1 1 /2 Jahre fast ganz verschlos
sen, da nicht allein die im vergangenen Jahre eingeführte bedeutende Zollerhöhung hemmend
auf das Geschäft wirkte, sondern auch die grossen Cursschwankunngen, welchen die dortige
Valuta ununterbrochen ausgesetzt ist, so dass den Importeuren jedwede Basis zur Calculation
fehlt. Die in Brasilien übliche Währung, Milreis, dessen Pariwerth 27 Pence beträgt, schwankte
im Jahre 1896 von dem höchsten Curse 10 5 /ie bis zu 7 29 /32.
In Chile übte die Einführung der Goldwährung nicht den erhofften Erfolg auf Handel und Verkehr
aus, es trat leider das Gegentheil ein.
In Peru, sowie Columbien und Ecuador trug der Bürgerkrieg zur weiteren Verarmung der ohne
dies mit Glücksgütern nicht besonders gesegneten Bevölkerung erheblich bei.
Auf Cuba hat infolge der andauernden Revoluation der Import fast ganz aufgehört.
Japan, China und Afrika zeigen eine Importzunahme unserer Artikel, und ist es besonders in
letzterem Lande die Westküste, auf der sich der Handel nicht unbedeutend gehoben hat.
Der Export nach Mexico war in letzter Zeit auch nicht unbefriedigend zu nennen, jedoch sind es
zumeist billige, im Preise gedrückte Waaren, die dahin von Gablonz aus exportirt werden.
Der Export nach Indien spielt eine mächtige Rolle in der Gablonzer Glaswaaren-Industrie. Aus
ser Perlen, Bijouterie, Steinen, Prismen etc. werden seit langen Jahren grosse Quantitäten Glas
bangles - runde Armreifen in färbigem Glas aus einem Stück gepresst, dann theils nur facettirt
geschliffen, oder auch wiederum diese Facetten vergoldet, gemalt, mit Similidiamanten und an
deren Verzierungen decorirt - nach Indien exportirt. Dieser Artikel wurde zumeist nach Bombay
und Calcutta verschifft und hat einer grossen Anzahl von Arbeitern, Druckern und Schleifern
lange Jahre lohnende Beschäftigung geboten. Leider sind die Preise dieses Massenartikels mit
der Zeit derart gedrückt worden, dass weder Lieferant noch Exporteur auch nur den bescheiden
sten Nutzen daran haben und die Arbeiter zu Löhnen arbeiten, bei denen es unbegreiflich er
scheint, wie sie ihren Unterhalt bestreiten können.
Die im Jahre 1896 über Indien hereingebrochene Pest und Hungersnoth hatte den Export dahin
fast für alle Artikel brachgelegt. Speciell davon betroffen wurden die genannten Glasarmreifen,
Bangles, da die überhaupt gegen alles Europäische eingenommenen fanatischen indischen
Priester den unwissenden Hindus, deren Frauen diese Armreifen als hauptsächlichen Schmuck
trugen - jede Hindufrau trägt bis zu sechs Paar solcher Reifen an ihren Armen - vorpredigten
und versicherten, dass diese Bangles die einzige Ursache der Heimsuchung ihres Volkes durch
die Pest seien. Dieselben seien vergiftet, respective aus giftigen Bestandtheilen hergestellt, ins
besondere die grünen; die rothen seien mit Thierblut gefärbt - Thiere sind bekanntlich den Hin
dus heilig dass die Götter über die Prunksucht der Frauen zürnen, die sich mit diesen fremd
ländischen Reifen schmücken, und dass alle Männer sterben müssen, deren Frauen diese Glas
reifen tragen u.s.w. Die gläubigen Hindufrauen zerschlugen ihre Armreifen. Kaum war jedoch die
Pest verschwunden, als auch der Artikel wieder in Aufnahme kam.
Als Concurrent in Bangles tritt in neuester Zeit China auf, welches den Artikel jetzt ebenfalls fa-
bricirt, zwar in weit minderer Waare, jedoch zu solchen Preisen, dass unser Fabricat absolut
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