nicht damit concurriren kann. Begreiflich ist es ja, dass China billiger zu erzeugen vermag, nach
dem die Arbeiter dort Löhne bekommen, die in Europa undenkbar wären.
Die grösseren Gablonzer Exporthäuser haben ihre eigenen Filialen in Paris, London, Hamburg,
Berlin, Annaberg etc. und besorgen den Vertrieb der Glaswaaren-Industrie durch dieselben, un
terhalten ausserdem auf den sonstigen kaufkräftigen Plätzen Europas Agenturen, lassen die
verschiedenen europäischen Länder durch Reisende besuchen und sorgen derart dafür, dass
der Verbreitung des Artikels vollauf Genüge geleistet wird. Das überseeische Geschäft wird zu
meist durch Vermittlung der in Wien, Berlin, Hamburg, Bremen, Paris, London und anderen Plät
zen etablirten Exporteure gemacht; zwei hiesige Firmmen jedoch haben auch mit dieser Tradi
tion gebrochen und lassen die überseeischen Staaten direct bereisen. Dieselben führen auf ihrer
Reise eine Menge anderer Artikel commissionsweise mit und nehmen dann eigentlich den
Standpunkt ein, welchen die auf obigen Plätzen existirenden Exporteure behaupten, Commissio-
näre für Waaren aller Gattungen zu sein.
Eine andere Form des Geschäftsverkehres bildet der Export nach Britisch-Indien. Hier hat sich in
letzter Zeit die Veränderung ergeben, dass Gablonzer Häuser das Geschäft direct mit den Nati
ves gegen Connossament machen, ein Umstand, der, soweit dies die directen Verbindungen mit
den Natives betrifft, nicht gerade zur Hebung der Preise beigetragen hat.
Für den Export nach Indien wirkte sehr häufig störend die Beförderungsweise der Güter seitens
des Oesterreichischen Lloyd. Ganze Wagenladungen blieben und bleiben auch jetzt noch bei
den monatlich zweimal stattfindenden Verschiffungen zurück. In der Industrie Oesterreichs spielt
der Lloyd überhaupt eine markante Rolle, doch könnte man nicht behaupten, dass dieselbe eine
derartige ist, dass sie zur Hebung der Industrie beiträgt. Die Gablonzer Exporteure verfrachten
häufig ihre Waaren billiger und prompter über Hamburg, als sie es über Triest zu thun in der Lage
sind.
Der Ursprung der Gablonzer Glas-Industrie dürfte wohl in den vor etwa 350 Jahren zuerst im
Isergebirge entstandenen Glashütten zu suchen sein und gab den Anlass hierzu der damalige
grosse Holzreichthum, der im Laufe der Jahrhunderte bedeutend zurückgegangen ist. Von die
sen Glashütten ist die erste in Grünwald durch Paul Schürer von Waldheim um das Jahr 1547
entstanden. Ihr folgte etwa ein Jahrzehnt später die von Labau. Zu diesen beiden kamen im
Laufe der Zeit die von Antoniwald, die Zenknerhütte in Josefsthal, die Carlshütte und andere.
Eng verwachsen mit der Glas-Industrie in unserem Bezirke ist die Familie Riedel, und berichtet
die Geschichte, dass Johann Leopold Riedel, geboren am 22. April 1726 zu Falkenau, im Jahre
1752 als Verwalter der sogenannten Zenknerhütte durch den Glasmeister Johann Josef Kittel
aus Falkenau eingesetzt und ihm später der selbständige Betrieb der Hütte übertragen wurde.
Die Häuser Jos. Riedel in Polaun, Leopold Riedel in Reinowitz und Carl Riedel in Josefsthal, vor
allem aber die erstgenannte Firma, beherrschen die Rohglaserzeugung bis zum heutigen Tage.
Ausser denselben sei noch die im Jahre 1882 erbaute, 1888 bedeutend erweiterte Glashütte des
Josef Priebsch in Grünwald erwähnt. Fast sämmtliche Glasöfen in den genannten Glashütten
sind auf Braunkohlenfeuerung eingerichtet, ein geringer Theil auf Holzfeuerung.
Das durch das Zusammenschmelzen der bekannten, zur Erzeugung des Glases dienenden Ma
terialien gewonnenen Glas wird entweder direct aus dem „Hafen“ in die fertige Form gebracht -
so bei der Erzeugung von Prismen, Briefbeschwerern, Tintenfässen, Messerlegern, Salzfässern,
Flacons, kurz allen grösseren Gegenständen der Krystallwaaren-Industrie - oder in Stangen ge
zogen und dann durch die Glasdrucker und Lampenarbeiter verarbeitet. Ferner werden hohle
Stengel erzeugt, welche durch die Perlenbläser oder Sprenger zur Verarbeitung gelangen.
Die Herstellung des sogenannten Tafelglases geschieht ebenfalls direct aus dem Hafen, und
zwar werden grosse schwachwändige Kugeln geblasen, welche mittelst des Diamanten in klei
nere Stücke zertheilt und von den Kittern zur Weiterverarbeitung verwendet werden.
Die Compositionsbrennerei, welche im Jahre 1711 in Turnau von den Brüdern Fischer erfunden
worden war, wurde erst anfangs der Zwanzigerjahre dieses Jahrhunderts durch den alten May in
Gablonz eingeführt. Derselbe brannte Compositionen, welche die Farbe des Rubins und die der
echten böhmischen Granaten hatten. Später dehnte sich dieser Industriezweig auf alle Arten von
Farbenzusammenstellungen aus, und nahmen an der Vervollkommnung dieses Zweiges der In
dustrie die Brüder Anton und Josef Scheibler, welche im Jahre 1830 eine Compositionsbrennerei
in Gablonz errichteten, sich aber im Jahre 1833 trennten, von wo ab jeder derselben eine eigene
Brennerei betrieb, einen ausserordentlich regen Antheil. Besonders berühmt war die Türkis- und
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