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Wert der alljährlich erzeugten geschliffenen Glasperlen, betrug über eine Million Gulden, wobei 
der Bund = 1200 Stück nicht mehr als 8-12 kr. Konventionsmünze kostete. Armleuchter- und Lu 
strebehänge wurden jährlich in Gablonz und Morchenstern eine Million Stück erzeugt und ko 
stete das Hundert davon 15. kr. bis 4 fl. C. M. 
Am besten lassen sich die Anfänge der Gablonzer Industrie in den größtenteils noch vorhande 
nen Geschäftsbüchern des Hauses Riedel verfolgen, das 1752 unter die Glasmacher der Ge 
gend eintrat und allmählich der Hauptproduzent des Rohglases für die Glaskurzwarenindustrie 
des Gablonzer Bezirkes wurde, der es bis heute blieb. Während im ersten Vierteljahrhundert ih 
res Bestehens diese Firma hauptsächlich nur Hohlglas erzeugte, scheint sie sich in den achtzi 
ger Jahren des vorigen Jahrhunderts bereits lebhaft der Erzeugung von Lustreglas zugewendet 
zu haben, und damals schon werden alle die Schliffartikel wie „Wachteln, Rösel, Birnel, Tröpfl“ u. 
s. w. erwähnt, welche heute noch meist unter denselben Namen Hauptartikel der Krystallerie- 
branche bilden. Im Jahre 1793 wird zum erstenmale die Erzeugung von farbigen Glasstengeln - 
Glasröhrchen für Sprengperlen - erwähnt. 1803 erzeugt das Unternehmen der Firma Riedel be 
reits Stangenglas, welches an die kleinen Glasdrucker zur Herstellung verschiedener Druckarti 
kel, zumeist auch von Lustrebehängen abgegeben wird. 1808 wendet sich das Unternehmen der 
Herstellung von Steinchen zu, welche es später wieder aufgiebt. 1815 finden sich in den Büchern 
der Firma zum erstenmale Perlröhrchen verrechnet, welche zur Herstellung eines später sehr 
wichtigen Artikels, der geblasenen Hohlperlen, dienen. 
1829 wird von einem Glasdrucker der gedruckte Glasknopf erfunden, dem nachmals eine aus 
serordentliche Bedeutung für die ganze Gegend beschieden ist. 
Mit der Zeit warfen sich die Rohglashütten fast vollständig auf die Erzeugung des Rohglases für 
die verschiedenen angeführten Zweige der sich namentlich seit der Mitte unseres Jahrhunderts 
glänzend entwickelnden Industrie. Die Zahl der Artikel, die erzeugt wurden, vermehrte sich stän 
dig, nachdem einmal der Erfindungsgeist der Erzeuger geweckt war. 
An die Glasindustrie gliederte sich endlich, und zwar gleichfalls schon um die Mitte des vorigen 
Jahrhunderts, die Gürtlerei an, die zunächst die Steine und Steinimitation verarbeitete. 1829 wird 
die Zahl der Gürtler in Gablonz auf 53 angegeben, die sich damit beschäftigten, die Kompositi 
onssteine in Hemdknöpfe, Ohr- und Fingerringe, Kämme, Kreuze, Petschaftstöckchen etc. von 
Messing und Tombak zu fassen. Unter diesen Gürtlern befanden sich neun aus dem Semiler Be 
zirke eingewanderte Arbeiter. 
II. Gegenwärtiger Sitz und Umfang der Industrie. 
Das Territorium, auf welches sich die Gablonzer Industrie erstreckt, ist zunächst der ganze poli 
tische Bezirk Gablonz, zerfallend in die Gerichtsbezirke Gablonz und Tannwald, der Grenzbezirk 
im Nordosten Nordböhmens, welcher fast ganz erfüllt wird von den Höhenzügen, Hochplateaus 
und Thälern des Isergebirges. Doch greift die Industrie auch hinüber in die Gerichtsbezirke Rei 
chenberg und Friedland, und besonders stark in die südlichen czechischen Bezirke Turnau, Ei- 
senbrod, Rochlitz, Starkenbach und selbst Hochstadt. Der Gablonzer Bezirk besitzt eine fast 
ausschliesslich deutsche Bevölkerung. Ueber deren Dichte, Ansiedlungsverhältnisse u.s.w. ste 
hen heute leider keine anderen Ziffern zu Gebote als die bei der Volkszählung von 1890 ermittel 
ten. Nach diesen zählte der Gablonzer Bezirk, der ein Gebiet von 21026 qkm umfasst, 71 195 
Einwohner, auf einen Quadratkilometer also 339 Personen, womit der Bezirk - von den Städten 
agesehen - an zweiter Stelle unter den Bezirken des dicht besiedelten Kronlandes Böhmen 
steht... 
Zu bemerken ist, dass die industriell thätige Einwohnerschaft des Gablonzer Bezirkes nicht mehr 
ausschliesslich auf die Glaskurzwarenindustrie beschränkt ist, sondern dass im Bezirke auch 
eine ganze Reihe anderer und zwar grossindustrieller Unternehmungen, namentlich der Textil 
branche, der keramischen und Maschinenbranche bestehen, zu denen immer noch neue Unter 
nehmungen treten, die die Wasserkräfte und billigen Arbeitslöhne zu verwerten trachten ... 
Auf Grund verschiedener Berechnungen lässt sich die Zahl der derzeit in der Gablonzer Glas 
kurzwarenindustrie im Gablonzer Bezirke selbst beschäftigten Personen auf ca. 20 000 schät 
zen, wozu noch etwa 5000 Personen in den angrenzenden Bezirken kommen. 
Bei anfangs 1895 durch den Fachverband der Glasarbeiter Nordböhmens angestellten Erhebun 
gen wurden in den deutschen Bezirken des Iser- und Riesengebirges insgesamt 17 748 Arbeiter 
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