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noch von der unbedeutenden Erzeugung gewisser Gablonzer Artikel aus einer Art Brotteig oder 
aus Celluloid absehen will, dadurch, dass das verarbeitete Rohmaterial durchwegs Glas ist. 
Mit dessen Herstellung beschäftigen sich gegenwärtig fünf Glasfabriksunternehmungen 
und einige kleine sogen. Kompositionsbrennereien, welche das Glas für gewisse Spe 
zialitäten herstellen. Unter den ersterwähnten Unternehmungen überragt jene der Firma Josef 
Riedel in Polaun in solchem Masse die anderen, dass sie ohne weiteres als der Hauptproduzent 
des Rohglases für die Gablonzer Industrie zu bezeichnen ist. 
In den sieben Hüttenanlagen dieser Firma - eine achte Hütte befindet sich im Bau - in Polaun, 
Wilhelmshöhe, Przichowitz, Neudorf und Maxdorf wurden im Betriesjahre 1898/99 erzeugt: 
Hohlglas 210mctr. 
Zapfen 200 mctr. 
Flacons 920 mctr. 
Druckglas 16 993 mctr. 
Stängel 11 572 mctr. 
Stangen 8 154 mctr. 
Zusammen 38 049 mctr. 
Davon gelangen rund 30 000 mctr. zur weiteren Verarbeitung in der Gablonzer Industrie. Die üb 
rigen Glasfabriksunternehmungen zusammen erzeugen schätzungsweise annähernd an Stan 
gen 40 %, an Stängeln 25 %, an Flacons und Druckglas 20 % der Produktionsmenge der Firma 
Josef Riedel, so dass sich die Gesamtmenge des in der Gablonzer Industrie jährlich verarbeite 
ten Glases auf fast 4 Millionen Kilogramm stellen dürfte ... 
Unter den glasverarbeitenden Industrien des Gablonzer Bezirks bildet eine der wichtigsten Grup 
pen die Knopf branche. Die Knöpfe werden aus schwarzem, seltener aus farbigem Stangen 
glas gedruckt. Bei der Druckerei im allgemeinen ist wieder zu unterscheiden die Lampen 
druckerei und die Druckerei in Druckhütten. Bei der Lampendruckerei wird die Glasstange ein 
fach in einer auf einem sogen. Blastisch angebrachten Petroleumflamme, die mittels eines Blas 
balges zu einer Stichflamme gestaltet wird, erwärmt und erweicht, bei der Hüttendruckerei erfolgt 
dieser Prozess in einem eigenen Werkraume, der Druckhütte. In dieser sind grosse, den 
Schweissöfen der Schmiede ähnliche Steinkohlenöfen aufgestellt, in deren Glut die Enden der 
Glasstangen gelegt werden. In der Knopfindustrie herrscht die Hüttendruckerei weitaus vor. Das 
Formen, „Drucken“, des erweichten Glases erfolgt mit Zangen, an deren Ende die zur Erzielung 
der gewünschten Form nötigen Gesenke angebracht sind. Durch die sorgfältige Ausführung die 
ser Gesenke gelingt es, den Erzeugnissen an der Oberfläche ein Aussehen zu verleihen, als ob 
dieselben mit Stoffüberzug, Stickerei u. s. w. versehen wären, oder es werden Figurendarstellun 
gen, Köpfe etc., oft in prächtiger, kameenartiger Ausführung hervorgebracht. Wird das Gesenk 
entsprechend poliert, so erhält man Artikel, welche so aussehen, als ob sie an der Oberfläche 
geschliffen und poliert wären. Diese Artikel werden als geschmirgelte Ware bezeichnet und ma 
chen den thatsächlich geschliffenen und polierten starke Konkurrenz. Die gedruckten Knöpfe 
werden des Drucksaumes erst mittels einer Schere (Scheren), sodann von Glasschleifern durch 
Abschleifen (Säumen) entledigt, mitunter noch bemalt und auf Kartons aufgeheftet. 
Die Knopfindustrie, deren Hauptsitz die Orte Morchenstern, Wiesenthal und Gablonz sind, erfuhr 
ihren grössten Aufschwung in den sechziger Jahren. Die Mode begünstigte den Artikel, und bald 
gab es kein Frauenkleid, auf dem nicht Gablonzer Glasknöpfe, hauptsächlich zur Dekoration, 
weniger zu praktischen Zwecken, prangten. Die Zahl der Muster ging in die ungezählten Tausen 
de, und einige Hunderte von Graveuren waren in den angeführten Orten vollauf beschäftigt, um 
die nötigen Formen herzustellen. Die Perioden, in denen die Mode dem Glasknopfe am günstig 
sten war, waren die Jahre 1865-1867,1870-1874, 1878-1886 und 1894-1895. In diesen Blüte 
zeiten der Knopfindustrie wandten sich tausende und abertausende Arbeiter, und zwar nicht nur 
aus den verwandten Glasindustrien, sondern auch aus fremden Gewerben der Knopferzeugung 
zu, um dann in den Zeiten der Stagnation dieser Branche die überschüssigen Hände zu vermeh 
ren. Zeitweise kam es durch das Aussetzen der Knopfmode zu argen Notständen, so auch im 
Jahre 1876, wo eine Konvention der Exporteure versuchte, gewisse Minimalpreise für den Ein 
kauf der Knöpfe festzustellen. Diese Konvention wurde mit der Zeit allerdings hinfällig, half aber 
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