zeugung dieser letzten Perle von einem Fabriksbetriebe mit Erfolg aufgenommen. Der Sitz der
zuletzt besprochenen, sogen. Schwarzglasindustrie sind die Orte Labau, Gistei, Pintschei und
Umgebung und viele Orte in den angrenzenden czechischen Bezirken. Ungefähr 3000 Arbeiter
finden in diesem Zweige eine sehr wenig lohnende Beschäftigung und gehören diese Arbeiter zu
den gedrücktesten und ärmsten Elementen der ganzen Industrie.
Durch das Material und das Endproduct steht den vorbesprochenen Industriezweigen die Per
lenerzeugung mit ihren zahlreichen Unterabteilungen nahe. Seit den dreissiger Jahren bildet
die Sprengperle einen der Hauptartikel der ganzen Perlenindustrie. Eine der ältesten Sorten, die
sogen. Coupeperle, war seinerzeit einer der wichtigsten Schliffartikel; sie kommt in neuerer
Zeit wieder mehr in Aufnahme. Eine zweite Sorte dieser Perle sind die ungeschliffenen versilber
ten oder gefärbten (eingemalten) Coupeperlen, die auch heute noch zu Grabkränzen, Ampeln,
Glockenzügen u. dgl. verarbeitet werden. Die Technik der Herstellung dieser Perlen ist ähnlich
wie bei der wichtigsten Sorte in dieser Gruppe, der Schmelzperle. Um diese herzustellen
werden schwarze, sechskantige Glasröhrchen auf mit dem Fuss betriebenen Schleifsteinen
(Schlägelsteinen) - der ganze Apparat wird als Trämpelzeug bezeichnet - durch Anpressen an
den rotierenden Stein in kleine Stücke, Bissei gesprengt. Diese Bissei werden wieder auf Schleif
steinen geschliffen, ursprünglich einzeln, indem sie auf einen Dorn, später in grösserer Anzahl
zusammen, indem sie auf einen Draht aufgesteckt werden. Je nach der Zahl der Facettenreihen
werden sie dann als zwei-, dreimalige Perlen u. s. w. bezeichnet. Die Sprengkante wird durch
Verschmelzen in einem Polierofen mit offenem Feuer entfernt. Die Perle bleibt entweder
schwarz, oder wird gelästert, oder irisiert, d. i. Zinnsalzdämpfen ausgesetzt, wodurch sie einen
irisierenden Glanz erhält. Sie kam namentlich früher in ausserordentlichen Quantitäten in den
Handel und ist hauptsächlich für Posamentierzwecke bestimmt. An 3000 Heimarbeiter oder
mehr beschäftigen sich heute in den czechischen Ortschaften im Südosten des Gablonzer Be
zirks mit der Herstellung dieser Perlen ...
Ende der achtziger Jahre wurde die Glashüttenfirma Riedel durch die drohende venezianische
Konkurrenz, welche ihre Produkte selbst an die Gablonzer Exporteure bereits in Massen absetz
te, dazu gedrängt, die Erzeugung der venezianischen Perlen einzuführen, und es wurde
von der Firma eine umfangreiche Fabrikanlage hiefür errichtet. Das in Venedig seit zwei und ei
nem halben Jahrhundert übliche Produktionssystem fand hiermit seinen Eingang, und bald
konnte die genannte Firma mit den Venezianern in eine erfolgreiche Konkurrenz eintreten. Die,
hier runden, Glasröhrchen (Stängel) werden auf einer nach dem System der Guillotineschere
konstruierten Hackmaschine in kleine Stücke (Bissei) zerhackt. Nachdem man deren Oeffnun-
gen mit einem Gemisch von Kalk und Kohle verstopft hat, werden dieselben in rotierenden Trom
meln erhitzt und formen sich dabei zu runden Perlen, den sogen. Rocailles. In besonderen
Maschinen werden diese dann gereinigt u. s. w. Die Rocailles werden entweder in schwarzem,
krystallenem oder farbigem Glas hergestellt. Ein Teil dieser Perlen wird sodann noch ausserhalb
der Fabrik dekoriert, und zwar werden die schwarzen gelästert oder irisiert, womit sich an
15 Schmelzlieferanten befassen, die krystallenen vergoldet, versilbert, gefärbt u. s. w., wofür es
heute 14 kleinere und grössere Betriebe giebt. Die Glashütte liefert in diesem Falle für die im
Dienste der Verleger arbeitenden Kleinbetriebe, die sich mit der Dekoration der Perlen befassen,
als Rohmaterial nicht mehr die blossen Stängel, wie bei der oben besprochenen Sprengperlen-
erzeugung, sondern bereits eine fertig geformte Perle.
Ausser diesen Rocailles wird aber auch eine Perlensorte in der genannten Fabrik, sowie in ei
nem zweiten kleineren, doch gleichfalls fabriksmässigen Unternehmen hergestellt, die fast voll
ständig als Ersatz der zwei- und dreimaligen Sprengperle betrachtet werden kann. Diese Perlen
sorte (Maka) wird nämlich auch aus sechskantigen schwarzen Stängeln, jedoch mit der Hackma
schine hergestellt, und werden die Bissei in einer Rondiermuffel von der Sprengkante befreit. Die
Dekoration erfolgt wie bei den Rocailles und dreimaligen Perlen.
Noch ein weiteres Ersatzmittel der hausindustriell hergestellten Sprengperle wurde eingeführt,
die sogen. Maschinenperlen, die, so wie die vorgenannten Perlen hergestellt, in der Fabrik auch
noch einen Schliff durch Drehen in einer mit Sandstein gefütterten Trommel erfährt.
Die in der Fabrik vollständig fertiggestellten Perlsorten werden auch in der Fabrik selbst mittels
sehr sinnreichen Fädelmaschinen auf Fäden gereiht.
Schon die Einführung des gleichzeitigen Schleifens mehrerer Perlen war seiner Zeit von den
Perlschleifern als eine Bedrohung ihrer Existenz empfunden worden, um wie viel mehr erst die
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