Pumpe, wird in die Klautschen eine Lösung von salpetersaurem Silber eingezogenn, die die In
nenseite der Perlen mit einem Spiegelbelag versieht und so denselben ein metallisch glänzen
des Aussehen giebt. Die versilberten Klautschen werden sodann mittels Feilenmessern zer
schnitten, und zwar werden die freihändigen Perlen erst zerschnitten, das Mittelstück entfernt,
und dann aufgefädelt, während bei der Formperle die ganzen Klautschen aufgefädelt und diesel
ben erst am Faden zerschnitten werden, wobei einfach die schlechten und Zwischenstücke her
ausgeschlagen werden. Die aufgefädelten Perlen werden in Maschen geteilt, weiters noch ge
waschen, in Papier verpackt und so abgeliefert.
Die Sorten und Formen der so erzeugten Perlen sind unzählig. Nach Grössen teilt man sie in
Nummern ein, und zwar giebt es 10 Nummern unter 0, worauf die O-Perle mit einem Durchmes
ser von 2 Linien folgt. Bei den Nummern 1-20 steigt der Durchmesser um je 'U Linie. Nach For
men werden hauptsächlich unterschieden: glatte Freihandperlen, gewöhnliche Formperlen, Me
lonen, Lorbeeren, Eicheln, Knechtperlen u. s. w. Einen im Preise zum Ausdruck gelangenden
Unterschied macht die Farbe, und zwar unterscheidet man glasfarbene (Silber-, golden-, grün-
aquamarinfarbene) Perlen einerseits und kupfer-, rubin-, annagelb- und rosafarbene Perlen an
dererseits, von denen die letzteren wegen des hierzu verwendeten teureren und auch schwerer
zu behandelnden Glasmaterials immer teurer sind als die gleichen Grössen und Formen der an
deren Perlen. In den Handel kommen die Perlen gefädelt in Bunden, der Bund gewöhnlich zu
2 Maschen, ä 12 Fäden, ä 50 Stück, also zu 1200 Stück.
Ursprünglich wurde die versilberte Perle von Paris aus auf den Markt gebracht und ging von da
aus nach Indien, Südamerika und Afrika. Später hat Gablonz den Artikel ganz an sich gezogen.
Die Industrie nahm einen rapiden Aufschwung, und wurden namentlich seit der Erfindung der
Formen (1876) ausserordentliche Quantitäten, besonders für den indischen Markt, erzeugt. Eine
Konkurrenz in diesem Artikel besteht derzeit nicht. Die Erzeugung einer ähnlichen versilberten
Perle in Thüringen und in Russland, wohin sie von Gablonz verschleppt wurde, kommt kaum in
Betracht. Das Hauptabsatzgebiet ist Indien. Allerdings hatte das Geschäft mit Indien in den letz
ten Jahren namentlich dadurch gelitten, dass unter den stetig sich verschlechternden Verhältnis
sen im Produktionsgebiete immer schlechtere Ware hergestellt wurde. Namentlich wurde die
Versilberung häufig bald schlecht und blind, so dass die indischen Händler davon abkamen, wie
früher grössere Lager von diesem Artikel anzulegen, der oft während der Lagerung, wenn nicht
schon während der Seereise unbrauchbar wurde. Nichtsdestoweniger stieg der Absatz stetig,
und kann der Wert der aus dem Gablonzer Bezirke exportierten Perlen nach ziemlich wohl be
gründeten Schätzungen in den letzten Jahren trotz der stetig sinkenden Preise auf fast 1 Million
Gulden pro Jahr beziffert werden ...
Als besonderer Zweig der Schleifindustrie muss die Ringschleiferei erwähnt werden, die
Herstellung von Glasreifen, Bangles, welche in kolossalen Massen nach Indien, zum Teil auch
nach China und Afrika gehen, wo sie als Armreifen oder auch als Fussreifen zum Schmucke die
nen. Ein Halbfabrikat für diese Reifen wird schon in den Rohglashütten hergestellt, wo die Ringe
derart vorgepresst werden, dass ein kleiner Cylinder (Nappel) bereits die Grundformen mehrerer
Ringe trägt. In den mit Wasserkraft betriebenen Schleifereien, namentlich von Johannesberg,
Friedrichswald, Grenzendorf und Albrechtsdorf, in neuerer Zeit auch von Gablonz, Wiesenthal,
Neudorf u. s. w. werden diese Ringe ähnlich wie die Krystallerieartikel geschliffen und poliert. Die
billigeren Sorten werden im Feuer poliert. Jeder Ring trägt verschiedene Arten von Schliffen. Am
einfachsten ist das Schleifen der geraden Seitenflächen (das Platteln), die inneren Ränder wer
den gekugelt, die Aussenseiten mit geschliffenen Ecken und Facetten versehen. Teuerere Sor
ten werden noch durch Bemalen, Einkitten von Glassteinen oder Figuren u. s. w. dekoriert. In der
Glasringbranche sind heute ca. 1000 Arbeiter, 22 Lieferanten und von Exporteuren etwa 20 her
vorragend, die übrigen mehr oder weniger nebenbei beschäftigt. Der Absatz der Glasreifen hat
im letzten Jahrzehnt einen ganz besonderen Aufschwung genommen und bildet derselbe heute
einen Hauptteil des indischen Geschäftes trotz der Konkurrenz der Chinesen, die jedoch mit
einer rückständigen Technik arbeiten. Auch die Pest in Indien im Jahre 1896 und in den folgen
den Jahren konnte den Absatz des Artikels nur vorübergehend dadurch beeinträchtigen, dass
die fanatischen indischen Priester die Schuld an der Einschleppung der Pest dem aus dem
Abendlande eingeführten Schmuckartikel zuschoben. Um so bemerkenswerter ist der starke Ab
satz von Glasreifen dadurch, dass dieser Zweig der Gablonzer Industrie bei der Stagnation des
Knopfgeschäftes und während der Notlage der Perlenindustrie für die Bevölkerung wirklich zum
Rettungsanker geworden ist...
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