Friedrichswald, Albrechtsdorf und anderen Orten werden täglich Tausende solcher „Napl“ ge
sprengt und die vierfache Anzahl geschliffen und polirt.
Der Glasmacher steht an der Maueröffnung, durch die dem Beschauer ein Blick in den Bauch
des Glasofens gewährt wird. Die Luft da innen ist gluthig, roth, blendend. Das Auge schmerzt,
wenn der Blick direkt in das Gluthmeer gerichtet ist, und wir stehen doch 8 Schritte entfernt. Der
feuerfeste Mensch da oben aber, der hart an der Oeffnung steht, aus der die glühenden Luftwel
len herausschlagen, dreht hurtig die Pfeife im „Brand“ - Sekunden nur; dann nimmt er die etwa
2 Ellen lange Stange heraus. An der Spitze ist ein kleiner, rothglühender, gerundeter Knauf...
glühendes Glas. Er macht 2 Schritte an den Rand der Galerie und „schmiedet“ das Glas auf sei
ner Arbeitsbank. Er drückt es mit einem Glätteisen, rundet es in einer Holzform, die er vorerst mit
Wasser befeuchtete, oder er fährt auch mit seiner nassen Hand über die glühende Masse, er
zwickt das Glas mit Zangen und zwackt unreine Theilchen mit einer Scheere ab. Das Wasser
verdunstet rasch. Ein fortwährendes Zischen begleitet die flinke Arbeit. Dampfwölkchen steigen
auf. Nun rasch nochmals in den Brand und dann in die Form, die der Gehilfe schon geöffnet und
geölt hat. Der Glasmacher senkt die Pfeife in die Form. Ein Druck, und das Stück ist fertig. Wäh
rend er zur nächsten Pfeife langt, die schon vorher mit dem angewärmten Klautsch dem Brand
ausgesetzt war, kommt ein Junge, der mit einer langen Stange den „Napl“ nimmt und ihn in den
„Kühlofen“ trägt. Die fertigen Stücke müssen langsam abkühlen. Um dies zu erzielen, werden sie
von den Jungen mittelst der langen, an der Spitze mitunter gegabelten Eisenstangen in Häfen
geschichtet, die an der Rückwand des Kühlofens derart liegen, daß der offene Rand des Häfens
nach außen gekehrt ist. Vor den Häfen lodert ein mächtiges Holzfeuer. Meterlange Scheiter
brennen unter großer Rauchentwicklung auf dem offenen Gluthhaufen. Anderswo schlägt der
Qualm in die Hütte und erfüllt den geschwärzten Raum, mit fast unerträglicher Luft. Hier sorgt
eine einfache, wenig kostspielige Vorrichtung dafür, daß die gequälten Arbeiter nicht auch noch
dieser Gefährdung ihrer Gesundheit ausgesetzt sind. Ueber den offenen Kamin ist ein großer
Trichter gestülpt, der in einen blechernen Rauchzug mündet. Die Blechröhren führen bis zum
Hüttendach, dessen First durch einen offenen Luftkanal ersetzt ist. Durch diesen Spalt lugt zu
weilen ein Streifen hellen Sonnenlichts in die heiße, schwarze Hütte, in der vom frühen Morgen
bis zum späten Abend fleißige Menschen ihr Dasein verbringen: die männlichen Meister - auch
einige Graubärte sind darunter - die jünglinghaften Gehilfen und die kaum der Schule entwach
senen Knaben, die „Jungen“, die so lange Stück um Stück in den Kühlofen tragen müssen, bis
für einen von ihnen ein Gehilfenposten frei wird. Da gibt es kein eigentliches Lernen. Wer das
Geschick und die Widerstandsfähigkeit des Körpers hat, um fortwährend in solcher Hitze mit glü
henden Glaskörpern zu hantiren, der wird Gehilfe und später wohl auch Meister. Die Wenigsten
aber kommen bis zu diesem Ziel. Die meisten fahren noch in jüngeren Jahren von der heißen
Hütte in die kalte Grube ...
Ein Hohlbläser. In dieser Hütte sind 3 Oefen im Brand. Vor dem zweiten Ofen liegen am
Erdboden mächtige schwarze Glasballons. Drei, vier solcher Hohlkugeln sind schon fertig. Ein
kleiner, schwächlich aussehender Mann mit schlaffen Wangen dreht im Ofen die Pfeife. Da er sie
jetzt heraushebt, hängt an der Pfeife ein Klautsch von Kindskopfgröße. Er rundet den glühenden
Körper in einer Kugelform und fährt mit der Hand über die rothglühende weiche Kugel, so wie
ein Schneider, wenn er von einem fertiggesteilten Rock noch einige Stäubchen entfernen will. Es
zischt auf. Seine Eisenhand bleibt unversehrt. Schon hat er auch diese Hand an der Pfeife, er
schwingt den Klautsch, stellt ihn in eine Form, und die Pfeife im Munde drehend, bläst er mit vol
len Backen hinein.
Der Kindskopf weitet sich bis zur Größe des Manneskopfes. Rasch nochmals in den Brand. Er
dreht und dreht die Pfeife, und daran tanzt im Gluthmeer die rothe Kugel. Kaum ist sie zu unter
scheiden. Gluthton verschmilzt in Gluthton! Wieder hebt der Bläser die Pfeife aus dem Feuer. Ei
nige Handgriffe an der Kugel, und dann führt er die Pfeife an den Mund. Er dreht und bläst, und
die rothe Kugel schwillt immer mehr und mehr an. Wie eine Seifenblase am Strohhalm, so klebt
jetzt tanzend und schwankend die Kugel an der Pfeife. Aber noch immer bläst der Meister in die
Pfeife. Seine schlaffen Backen sitzen nun wie Ballons in seinem Gesichte. Die Adern schwülen
auf. Jede Muskel im Gesichte ist wie versteinert. Die Anstrengung ist auch an der Gesichtsfarbe
kenntlich. Durch den braunen Grundton schimmern rothe Blutwellen. Immer größer wird die Ku
gel. Jetzt und jetzt, glaubt man, muß sie zerspringen, wie Seifenblasen in der Luft zerstieben,
wenn die Spannung zu groß wird. Nichts davon! Je größer die Kugel wird, desto mehr flieht die
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