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Hemd- und Manschettenknöpfe. 
Die Knopfmacherei gehört auch zu den Gablonzer Hinterhausbetrieben. Sie ist noch weniger 
einträglich als die Bijouteriespinnerei... Sehen wir uns nun an, wie so ein Hemd knöpf ent 
steht. Der Arbeiter hat immer zwei Stengel im Feuer seiner Lampe, vor der er sitzt. Den ersten 
drückt er, wenn der Klautsch weich ist, auf den Tisch auf, wodurch sich das Glas abflacht. Er hat 
den Boden. Während dieser auskühlt, macht er Kopf und Hals auf den Boden - das ist bei den 
kleinsten Chemisetteknöpfchen Alles in Allem die Arbeit von kaum einer halben Minute. Kopf und 
Hals sind massiv. Es gibt aber auch unter den Knöpfen ... Hohlköpfe. Diese werden wie die Hohi- 
perle geblasen und dann mit Silber eingezogen. Mit dem Boden werden sie durch Glaskitt ver 
bunden. Sie sind gefälliger für das Auge, aber weniger haltbar. Auch dieser Zweig der Hemd 
knopfmacherei wird nur als Nebenarbeit betrieben. 
Die Gablonzer Gürtlerei. 
... Wohl kein einziges Stück der vielen tausend Muster, die die Gablonzer Gürtlerei Jahr für Jahr 
den gefräßigen Modedamen vorlegt, ist von einer Hand geschaffen. Dazu die verschiedenen 
Betriebsarten: Die Estampeure mit ihren kleinen Fabriksbetrieben, die kleingewerblichen Be 
triebe der Schwarzarbeiter, die sehr häufig auch freie Hausarbeiter mit selbstständigem Besitz 
der Betriebsmittel sind, die kleingewerblichen Similiseure, die hausindustrielle Vorrichtarbeit zum 
Similisiren, das Fassen der Steinchen, gleichfalls hausindustrielle Frauenarbeit... Das Alles darf 
man nicht bei dem Gürtler suchen. Der Gürtlermeister ist eigentlich nur die vermittelnde Hand 
zwischen dem Arbeiter und Exporteur. Seine produktive Arbeit ist gleich Null. 
Greifen wir von den vielen Tausend Erzeugnissen der Gablonzer Gürtlerei einen einzigen Ge 
genstand heraus, um an ihm zu zeigen, wie viele Hände daran arbeiten, und was diese Hände 
für ihre Arbeit zum Munde führen dürfen. 
Es ist eine Hutbroche von länglicher Form. Größe: 6 Centimeter. Der untere Theil ist ein spitz 
winkeliges Dreieck mit eingepreßtem erhabenen Ornament. Auf die Verbindungslinie des auf der 
Spitze stehenden Dreiecks bauen sich nach rechts und links ausladende Rokokoornamente auf, 
die durch Gürtlerdiamanten verbunden sind. Der Fassungskessel für den oberen Stein hat einen 
blumenkelchartigen Aufsatz, aus dem eine Perle wächst. Das ganze Stück ist mit 16 Similistei 
nen (Gürtlerdiamanten) verschiedener Größe besetzt. An der Rückseite ist die Brochenadel an- 
gelöthet. 
Durch welche Hände muß nun diese Brache laufen, bis sie fertig ist? Da unterscheiden wir zu 
nächst zwei Hauptgruppen: 1. Glasarbeit. 2. Gürtlerarbeit. 
Die GI a s a r b e i t zerfällt wieder in zwei Untergruppen: Perle und Similisteine. Welchen Weg die 
Perle macht, werden wir in dem Kapitel über die Perlenbläserei kennen lernen. Die Similisteine 
werden in den rauchgeschwärzten Druckhütten geboren, die wir in den deutschen Dörfern süd 
lich von Gablonz bereits besucht haben. Sie werden Stück um Stück gedrückt, das hundert 
Dutzend um 3, 4, 5 kr. Lohn. Der Höchstlohn des Arbeiters beträgt in der Woche 4 fl. 50 kr. bis 
5 fl. Dann werden sie in Säcken geschüttelt, um sie von dem brüchigen Rand zu befreien, im 
Feuer auf Asbestplatten geröstet - polirt - um ihnen annähernd den Glanz geschliffener Steine 
zu geben, und nun erst wandern sie in Säcken, viele tausend Dutzend beisammen, nach Ga 
blonz zu den Similiseuren. Diese müssen den wasserhellen glänzenden Steinchen durch 
eine Metallauflage am Boden das funkelnde Aussehen von Brillanten geben. Der Preis similisir- 
ter Steine richtet sich nach ihrer Größe. Wir wollen nur ein Beispiel berechnen, um an diesem 
den Prozeß zu zeigen, den der Stein durchzumachen hat, aber auch um Einblick zu gewinnen in 
das Leben der kleingewerblichen Similiseure und der hausindustriellen Kittarbeiterinnen. Für das 
hundert Dutzend similisirter Steinchen einer Größe, für die der Gürtler in früheren Jahren 16 fl. 
zahlte, bekommt der Similiseur heute - siebzig Kreuzer. Wahnsinnige Konkurrenz hat diese 
Arbeit so weit herabgebracht. 
Trotzdem nur wenige Similiseure in Gablonz sind, herrscht unter ihnen keine Einigkeit ... Die 
Folge davon ist der unerhörte Preisrückgang. Auf den Preis von 70 kr. hat der Similiseur fol 
gende Auslagen: Steinchen 20 kr., Kitten 7 kr., Silber 12 kr., Bronze und Lack 2 kr., das sind 
41 kr. Hiezu kommt als berechnete Quote für die Werkstätte, die Betriebsmittel (Säuren, Gutta 
perchakuchen etc.) 6 kr., so daß der Similiseur seine eigene Arbeit um 23 kr. für das hundert Dut- 
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