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sen sie von Früh bis Abends darüber sitzen, damit der Vater die Auslagen für das Kitten erspare. 
Dies natürlich in dem einzigen Raum, der dem Similiseur und seiner Familie zur Verfügung steht. 
Dieser Raum ist von giftigen Dämpfen erfüllt, denn zu dem kalten chemischen Metallisirungspro- 
zeß, dem die über die Guttaperchaplatte herausragenden Kehrseiten und Steinchen nun unter 
zogen werden, braucht der Similiseur Schwefelsäure und Salmiak, in dem er das Silber und 
Bronze löst. Lieber den offenen Töpfen manipulirt er. Diesen entsteigen die Dämpfe, die sich auf 
die Lungen legen. Sind die Steinchen mit der Metallschichte bestrichen, dann müssen sie trock 
nen. Ist auch dies geschehen, dann werden sie wieder aus der Kittplatte gebrochen und liefer 
fertig gemacht... 
So weit die vorbereitende Glasarbeit. Wir kommen nun zur Gürtlerarbeit. Das oben be 
schriebene Stück besteht, genau besehen, aus dem Spitzdreieck, den zwei Rokokoornamenten, 
zwei größeren Steinfassungskesseln, die die Verbindung hersteilen müssen, dem kelchartigen 
Aufsatz und rückwärts aus der Brochenadel. Das Spitzdreieck ist mit sechs, jedes der beiden 
Rokokoornamente mit vier Steinchen besetzt. Jedes dieser Steinchen ist in einem Kessel gefaßt, 
der auf das Stück aufgelöthet werden mußte. 
Die Hauptstücke zu dieser Broche liefert der Estampeur, der mit Stanzen die Spitzdreiecke 
schmiedet und das erhabene Ornament aufdruckt, der ebenso die Rokokoseitentheile ausstanzt, 
der die Kessel erzeugt und den Kelch für die Perle durch den Druck einer Maschine formt... 
Stanzarbeit können wir als bekannt voraussetzen. Alle diese einzelnen Theile - wir zählen im 
Ganzen sieben Hauptbestandtheile und 14 kleine Kessel als Dekorationstheile - wandern zum 
sogenannten Schwarzarbeiter, der den Rohbau der Broche fertigstellt, das heißt durch Löthung 
die einzelnen Theile zusammenfügt. Verweilen wir ein wenig bei dem Schwarzarbeiter. 
Um die einzelnen Theile zusammenlöthen zu können, muß er sie zunächst auf Asbestplatten 
auflegen und auf die Lothstelle einen Tropfen der breiigen Lothmischung (Messing und Zink in 
Borax gelöst) träufeln und dann der trockenen Hitze eines Gasolinofens aussetzen. Komplizirte 
Stücke, wie das besprochene, muß er so oft „aus dem Feuer machen“, als er Hauptstücke mit 
einander verbindet... Er löthet mit einer beweglichen Stichflamme, die aus einem regulirbaren 
Schlauch stärker oder schwächer hervorzischt ... Das Zusammensetzen der kleinen Kessel zu 
Rosetten ist eine mühsame Arbeit, die, wie alle Gürtlerarbeit, im Akkord berechnet wird ... 
Das Gerippe der Broche ist fertig, und wir tragen sie nun zum Gelbgürtler, der das Stück 
einer chemischen Beize unterzieht, um die rostbraune Außenfläche zu reinigen und mit metalli 
schem Glanz - Gold oder Silber - zu versehen ... Wir haben unser Stück nun so weit, daß es de- 
korirt werden kann, und wandern mit dem hell oder matt glänzenden Metallgerippe zurFasse- 
rin. Diese ist wieder eine hausindustrielle Arbeiterin. Für das Steinefassen werden sehr ver 
schiedene Preise gezahlt... Die Regel ist zum Beispiel, daß für das Fassen in vier spitzige Kes 
sel - der Stein muß in den Kessel gelegt und dann müssen die vier Kesselspitzen umgebogen 
werden - 30 kr. per 100 Dutzend gezahlt wird ... 
Die Fasserin ist noch immer nicht die letzte Hand, durch die das Stück geht. In den kelchartigen 
Aufsatz muß die Perle eingefügt werden. Sie wird eingekittet. Nun erst ist das Stück fertig. Es 
haben daran also gearbeitet: der Glasdrücker, der Perlenbläser, der Similiseur, die Kitterin, der 
Estampeur, die Schwarzgürtler, der Gelbgürtler, die Fasserin und Perlkitterin - es ging durch 
neun Hände, bis es der repräsentative „Erzeuger“ - der Gürtlermeister, endgiltig empfängt. Er 
macht an dem Stück eigentlich nichts, als daß er es auf Karten aufnähen läßt und dann in Kar 
tons einpackt... 
Die Perlenindustrie. 
... Auf unserer Wanderung durch die tschechischen Lampendrückerdörfer und durch die Druck 
hütten des deutschen Grenzgebietes gegen den Semiler Bezirk zu sind wir wiederholt schon 
Perlen begegnet: den Posamentrieperlen und den massiven Druckperlen. Wer „im Gebirge“ 
indeß von Perlen spricht, der meint die geblasene Hohlperle, die sich seit Anfang der Sechziger 
jahre zu einem hervorragenden Industrieartikel des Glasmacherlandes aufgeschwungen hat. 
Außer dieser fällt in den Kreis unserer Besprechung noch die Sprengperle, deren Herstellung 
durch die Erfindung der Perlsprengmaschine revolutionirt wurde, eine Revolution, die heute das 
Elend der tschechischen Lampendrücker im Gefolge hat... Bei Besprechung der Hohlperle wol 
len wir auch einen Blick in die Werkstätte des Herrn Dr. Iwan Weißkopf in Morchenstern wer 
fen, der als Einziger im Gebirge die Pariser Feingoldperle herstellt... 
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