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ren Handsprengern, die derselbe Lieferant beschäftigt, zahlt er nur sieben Kreuzer für 
das Tausend... 
Eine Wegstunde entfernt von ihm steht die Fabrik Hübner. ... An dem Tage vorher hatte ich 
diese Sprengerei gesehen. Zuerst traten wir in das Magazin, wo förmliche Barrikaden von Säk- 
ken, gefüllt mit Millionen und Millionen Sprengperlen, lagen, und dann wurden wir in die Fabrika 
tionsräume geführt. Im letzten, einem Raum von der Größe eines Kabinetes, standen drei 
Sprengmaschinen, jede von einer Arbeiterin bedient. Während der Alte Perle um Perle von ei 
nem Stab absprengt, gehen hier 40 bis 50 Stäbe auf einmal durch einen Kamm, hinter dem sie 
die Guillotine erwartet, die rasselnd auf und nieder saust, 70 bis 75mal in der Minute! Ebenso 
oftmals köpft ein Messer die 40 bis 50Stäbe. Die gewöhnliche Stundenleistung der Ma 
schine beträgt 225.000 Stück, die höchste Stundenleistung des Handsprengers aber 
3428 Stück. Die Maschine bringt in zehn Stunden 50 bis 60 Kilo fertig, der Handsprenger in 
14 Stunden 1 Kilo ... 
Heute sind bei Hübner in Gistei fünf, bei Juppe in Labau drei, bei Breit in Wiesenthal, dem 
damals der Hauptsturm galt, 25, und bei Riedl in Polaun 38 bis 40 Sprengmaschinen einge 
stellt. In Betrieb sind gegenwärtig von diesen 73 Maschinen im Ganzen 42. Aus einer einst nicht 
fähigen ist heute eine Industrie mit riesigem Absatz geworden, dies Alles durch Einführung einer 
Maschine, die von einer einzigen Arbeiterin ohne Mühe dirigirt werden kann und die dennoch die 
Arbeit von 80 Männern ersetzt. 
Bei Herrn Hübner haben die Arbeiterinnen bei den Sprengmaschinen bei zehnstündiger Arbeits 
zeit 80 kr. Taglohn und zwei Seidel Bier im Tag. August Juppe in Labau zahlt nur 65 kr. Taglohn. 
Aber selbst dieser klägliche Lohn ist noch gut zu nennen gegenüber den Löhnen, die für die Ver 
edlung der Perle gezahlt werden. In dem rohen Zustand, wie die Perle die Sprengmaschine ver 
läßt, wäre sie für die Modezwecke, denen sie dienen muß, nicht brauchar. Die Bruchflächen sind 
rissig und scharfkantig, und die Perle selbst ist kantig, statt rund. Zur Verfeinerung der Rohperle 
geht die Industrie zwei Wege: die Perlen werden entweder in einer in Drehung befindlichen 
Trommel durch das Herumwerfen abgeschliffen und dann im Feuer polirt - oder sie werden vor 
dem Poliren auf Draht gefaßt und handgeschliffen. Beide Methoden der Raffinirung sind in 
Fabriksbetrieb gebracht. Während aber die rein mechanische Methode den wenigen hiezu nö- 
thigen Arbeitern, ortsüblich gemeint, anständige Löhne sichert (so zahlt Hübner dem Polirer 1 fl. 
3 kr. Taglohn und gibt ihm, dem Feuerarbeiter, 3 Liter Bier, und Juppe zahlt 1 fl. 5 kr. ohne Bier), 
sind die Handschleifer kaum viel besser daran als die tschechischen Lampendrücker. Ihre 
Gruppe ist zwar nicht sehr groß, da aber auch sie sämmtlich ihre Familien mit einspannen müs 
sen, um das Stück Brot zu verdienen, verlohnt sich ein Abstecher in den Gerichtsbezirk Eisen- 
brod, wo diese Arbeiter, zumeist Tschechen, hausen. 
Bei den Perlenschleifern. In Jelowei treten wir zum erstenmal in diese neue Welt, in 
der uns als markanteste Erscheinung der sogenannte „Oertipacht“ entgegentritt. Der Arbei 
ter braucht zum Betrieb seines Schleifstuhls mechanische Kraft, die er sich aber nicht mit eige 
nen Mitteln beschaffen kann. Darauf baut nun ein Unternehmer seine Spekulation auf. Er schafft 
Arbeitsräume, stellt Schleifstühle hinein und sorgt für mechanischen Betrieb. Er nimmt die Was 
serkraft gefangen, oder er macht sich eine Dynamomaschine dienstbar. Das so aufgewendete 
Kapital fruktifizirt er nun nicht in der üblichen Weise, daß er auch noch menschliche Arbeitskräfte 
miethet, sich um Arbeit umsieht und nun flott darauf losarbeiten läßt, sondern er vermiethet oder 
verpachtet die einzelnen Arbeitsstellen sammt Kraft - das „Oertl“ - an die Arbeiter... 
In der Schleiferei von Jelowei ist Maschinenantrieb. Im Ganzen stehen gegenwärtig 16 Arbeiter 
bei ihren Schleifstühlen. Die Perlen sind auf Kupferdraht angereiht und laufen in schier unendli 
cher Kette über den rotirenden Stein, an den sie von einem Stück schwarzen Gummi, einer so 
genannten Gummibürste, angedrückt werden. Es laufen gewöhnlich zwei bis vier solcher Perlen 
drähte durch die nasse Enge zwischen Stein und Gummi. Der Schleifer hält die Drähte in der lin 
ken Hand zusammen und dirigirt sie. Tausend um tausend Perlen klettern vor seinen Augen mit 
den Drähten in den Engpaß des Schleifzeuges, um dann auf der anderen Seite geschliffen und 
glänzend wieder langsam zu Boden zu steigen - erst wenn das Hunderttausend voll ist, hat 
er das Tagewerk vollbracht, das er vollbringen muß, wenn er nicht direkt verhungern will ... Wir 
nehmen an, daß er 600.000 Perlen in der Woche (sechs Arbeitstage) schleift. Dies bedeutet eine 
Einnahme von 21 fl. 
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