Es lag nahe, daß sich die Gablonzer Glaskurzwarenindustrie auch der Malerei als
Dekortechnik bediente, vermutlich schon ab dem Beginn des 19. Jahrhunderts und im
Einflußbereich des Veredlungsbezirkes von Haida und Steinschönau in Nordböhmen.
Benda setzt den Beginn der Hohlperlen-Bemalung in Gablonz mit den 1820er Jahren
an, mit stetig steigender Bedeutung bis in die sechziger Jahre und darüber hinaus,
wobei Wiesenthal neben Gablonz über die meisten Glasmaler verfügte; sie stammten
vorwiegend aus der Gegend von Haida, wo sie als Hohlglasmaler tätig waren:
„Gegenwärtig werden fast alle Sorten Glaskurzwaaren durch Malerei verziert, als:
Knöpfe, Broschen, Ohrringe, Medaillons u.s.w.“(Benda 1877, S. 285).
Das Perlen-Bemalen, eine kunstvolle Handfertigkeit, scheint schließlich in den
Hintergrund getreten zu sein; der verstärkte Einsatz von Maschinen zur Perlen
erzeugung und -färbung ab dem späten 19. Jahrhundert war dieser Dekortechnik wohl
nicht förderlich.
FÄRBEN VON AUSSEN
Das Glasieren von Perlen unter Hitzeeinwirkung wird bereits um 1818 beschrieben:
„Sollen sie aber mit Glasur überzogen werden, so geschieht dieses über dem Feuer in dem ei
sernen Gefäß, gleich nachdem man bemerkt, daß die Stückchen gehörig abgerundet sind. Zu
der Glasur wird ein zubereiteter Metallkalk, wenn er sich für die verlangte Farbe schickt genom
men; man pulverisirt ihn sehr fein, versetzt ihn mit etwas calcinirtem Borax, damit er behende
zum Fluß komme und siebt ihn langsam über die heißen Perlchen, rührt dabey ununterbrochen
und geschwind um, so daß das Pulver sich an jedes Perlchen anhängt; die gelinde hitze bringt
das Glasurpulver zum Fluß, es hängt sich fest an die Perlchen an und giebt ihnen die verlangte
Farbe“ (Loysel 1818, S. 305).
Als vergleichbare Vorgangsweise beschreibt Graeger im Jahre 1868 das Färben mit
„empf indlichen Farben“, wobei die Perlen nach dem Abrunden (Rondieren) noch
in der Trommel mit einer feinst geriebenen und durch Borax schmelzbar gemachten
Schmelzfarbe versehen werden, „die auf der erweichten Oberfläche der Perlen haftet,
schmilzt und letztere, während man sie unausgesetzt in Bewegung erhält, mit einem
farbigen Ueberzuge bekleidet; ...“(Graeger 1868, S. 120, 121).
Das oberflächliche Färben (Ätzen) durch Tauchen hat sich im 20. Jahrhundert
durchgesetzt. Durch diese Technik können zwar selbst Farbnuancen erzielt werden,
die im gefärbten Glas kaum möglich sind, doch ist deren Beständigkeit zeitlich
begrenzt. Nichtsdestoweniger ist die Farbenpalette faszinierend, vor allem wenn wir
gefärbte transparente oder opake Perlen betrachten (Abb. 26, 27, S. 60, 61), deren
Glanz durch Irisierung und Lüstrierung noch gehoben wird.
DAS „EINMALEN“ und „EINZIEHEN“
Perlen aus Kristall- oder Farbglas wurden gefärbt, indem man die innere Wandung mit
meist starkfarbigen Materialien versah; die wichtigste dieser „eingemalten“ Perlen war
wohl lange die korallfarbene, da der gewünschte Ton in Glas nur schwer zu erzielen
war. Die Fragilität dieses bereits abblätternden Überzugs wird bei einer kleinen,
zerbrochenen Frucht sichtbar (Abb. 227, S. 274). Korallartige Farbstoffe, die in
„Hackperlen“ eingezogen wurden, bestanden nach Parkert aus Mennige und
Türkisrot, angerieben mit Terpentinöl und Damarlack (Parkert 1925, S. 142).
„Einfache glatte runde Hohlperlen aus verschiedenfarbiger Glasmasse wurden... mit
Zinnober ausgemalt, um sie korallenähnlich zu färben“ (Meissner 1954, S. 6).
Im Jahre 1871 erhielt die Firma Schuster & Rögner in Gablonz ein Privilegium (Nr. 21/
672) auf ein Verfahren, das sie „perles brillantes corail“ nannten. Sie verwendeten
rohen venezianischen Schmelz und bestrichen ihn mit einer Mischung aus Copaiva-
Balsam, Nelkenöl, Terpentinöl, chemischen Präparaten („hell Corallenroth“ und
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