MAK
Polirer ist Akkordarbeiten Er ist nach drei Größengruppen gezahlt. Für 1200 Stück der Gruppe 
der kleinsten Ringe — sie umfaßt 14 bis 16 Größen — erhält er 37 1 /2 kr., für die nächste Gruppe 
62 kr. und für die größten 1 fl. Nun mag er zusehen, daß er 2 fl. im Tag verdient. 
Im größeren Nebenraum sitzen bei ihren Oefen die Drücker. Aus Krystallglasstangen drücken 
sie Glasknöpfe, Spangen und Schnallen. Auch hier Rauch und Qualm. Steinboden! Ofenhitze!... 
Knöpfe, Schwarzglas und Phantasieartikel. 
Unter diesem Gesammttitel ist eine Unsumme aller erdenklichen kleinen Glasgegenstände zu 
sammengefaßt, von deren Reichhaltigkeit sich der Laie kaum einen Begriff machen kann. Viele 
Tausende verschiedener Knöpfe, verschieden in Form, Größe, Farbe und Dekoration; Mes 
sergriffe aus Kameolglasimitation; Uhrkettensteine in Hunderten von Mustern; aller er 
denkliche Haar= und Hutschmuck, kompakter und hohler, außen kunstvoll geschliffen, Bal 
lonsausschwarzem Glas, Herzen aus Edelsteinimitationen; M undstücke für Zigaretten 
spitzen aus Bernsteinglas; Trauerschmuck aus mattem und glänzendem Schwarzglas, 
Hunderte von Brocheformen allein, wie Blätter, Rosetten, Maschen, Blüthen, Sterne etc., dann 
Bracelets (Schuppen= und Schlangenbänder), Nadeln, Anhängsel, Ohrgehänge; endlich opti 
sche Linsen: alles das ist hier zusammengefaßt... 
Der Hauptort ist Alb rech tsdorf, wo übrigens auch Serviettenringe geschliffen werden. Frü 
herwar Albrechtsdorf der Hauptort der Lusterbranche. Seit der großen Krise, die zu dem Putsch 
der Dessendorfer Schleifer führte, ist es damit aus. Ein Augenzeuge der damaligen Ereignisse 
erzählte mir über den „Kriegszug“ der Schleifer nach Albrechtsdorf Folgendes: Einige Tage nach 
dem Einfall der tschechischen Sprenger in Wiesenthal im Jänner 1890 zogen die Dessendorfer 
Schleifer nach Albrechtsdorf. Ihrer 500 stiegen im Schneegestöber auf den Berg, bewaffneten 
sich im Holzschlag mit Knütteln und marschirten über Marienberg nach Albrechtsdorf in das „Wa 
berloch“, ein von der Höhe ziemlich steil abfallendes Querthal, durch das ein munteres Bächlein 
seinen Weg nimmt. An ihm steht eine Schleiferei über der anderen. Der bewaffnete Haufe zog 
nun von Schleiferei zu Schleiferei. Ueberall suchten sie Birnl und Prismen. Diese wollten sie zer 
trümmern, in der Meinung, daß die Albrechtsdorfer eine Konkurrenz für die große Masse der Ar 
beiter bilden. Sie brachen ein. „Was arbeitet Ihr?“ schrien einige. Keine Antwort. Die Arbeiter 
schaarten sich zusammen. „Wo sind die Birnl? Wo die Prismen?“ — „Wir haben keine! gab einer 
zurück. „Dann werden wir suchen!“ Nach dieser Einleitung ging es an die Suche. Alles wurde 
durchsucht, jeder Winkel. Nichts! Die Schleifer hatten Wind bekommen und hatten Säcke und Ki 
sten voll fertiger Waare in die Transmissionsgruben geräumt. Aber auch dieses Versteck fand 
der hungrige Haufe. Alles wurde heraufgeholt und zerschlagen. Ebenso die Schleifsteine. Die 
Trümmer wurden in den Bach geschüttet. In einigen Schleifereien gab es ernsten Widerstand. 
Schleifer setzten sich gegen Schleifer zur Wehre. Mann gegen Mann. Da gab es fürchterliche Si 
tuationen ... ...... , , ... 
Diese Erinnerungen wurden in mir lebendig, als ich durch das „Waberloch hoher und hoher 
stieg, von Schleiferei zu Schleiferei. Im „Waberloch“ werden heute fast ausschließlich Spezialar 
tikel gemacht, wirkliche Kunstarbeiten, die auch noch so ziemlich gut gezahlt werden. Nament 
lich die Schlägelarbeiter, denen an vielen dieser Stücke die Hauptarbeit zufällt, sind als gesuchte 
Arbeiter auch mit den besten Löhnen bedacht, die im Gebirge zu finden sind. Die meisten haben 
2 fl. im Tag Verdienst. Die Werkstätten sind rein und nett, nicht überfüllt. An den Wänden hängen 
auf Nägeln die Schleifsteine der verschiedenen Größen, herab bis zu ganz kleinen Scheiben, die 
kaum einen Zoll im Durchmesser haben. Wir sind ziemlich hoch oben im „Waberloch“. Die 
Schleifmühle ist in den steilen Hang derart hineingebaut, daß im rückwärtigen Theile der erste 
Stock der Vorderfront zum Parterre wird. Darunter ist die Radgrube. In dieses „Parterre unter 
dem Dache“ mündet nämlich der Mühlbach, dessen Wasser das große Schaufelrad treibt, das in 
der Radgrube an der Achse läuft. Durch die Fenster der eigentlichen Werkstätte öffnet sich ein 
herrlicher Blick ins Gebirge und auf das zu Füßen liegende Albrechtsdorf. Vorbei an den Schleif 
mühlen springt der Bach in steilem Gerinne zu Thal, um unten noch Arbeit zu leisten, ehe er in 
der Kamnitz aufgeht. 
Hier oben werden fast durchwegs Kunstarbeiten gemacht. Roh vorgepreßten Blattern aus sma 
ragdglas oder aus Amethyst wird mit den feinsten Schleifsteinchen von kunstgeübten Händen 
das Aussehen von fein geschnitzten Bildhauerarbeiten gegeben. Muschelbrochen aus schwarz- 
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