Erhard Arnold, Die Deutschböhmische Ausstellung Reichenberg 1906, Reichenberg
1909, II. Theil, Die Ausstellungsgruppen (in Auszügen)
Gruppe VII. Stein=, Tom, Porzellam und Glaswaren, S. 87 ff.
Die Sammel-Ausstellung der Glasindustrie des Isergebirges (Fabrikate und Rohgläser
der Firma Jos. Riedel, Polaun, und die von ihren Kunden aus diesen Rohgläsern erzeug
ten Artikel) - 54 Aussteller - beabsichtigt, mit den eigenen Erzeugnissen zugleich jene der
Glasindustrie des Isergebirges an der Hand der von der Firma hergestellten Rohgläser
vorzuführen.
Im Pavillon Nr. 7 untergebracht, ist die prächtige, einer Weltausstellung würdige Ausstellung vom
übrigen Raum durch eine weiße, mit Goldornamenten im Empirestil und großen korall- und gra
natroten Glaskugeln geschmückte Mauer getrennt.
Ihre Einteilung ist folgende: , rv
In der Mitte steht der Pavillon der Raffinerien der Firma in Polaun und Harrachsdorf. Die
Schränke mit den Erzeugnissen der Kristallene sind an der hiefür besonders reich belichteten,
rückwärtigen Seite der Halle aufgestellt. Rechts vom Pavillon erblickt man die aus Rohglas in
Stengelform hergestellten Erzeugnisse, links davon jene aus Stangenglas ...
Unter den angewandten Farben sei das Korallrot besonders hervorgehoben, das jahrhunderte
lang der Traum der Glasfabrikanten war. Vor 2 Jahren gelang es der Firma erst, dieses lang ge
suchte Rot zu schmelzen und die Farbenpalette durch alle erdenklichen Abstufungen zwischen
Orange, Karmin und Purpur auszugestalten. Die Luxusgegenstände zeigen dasselbe in Verbin
dung mit schwarzen und grünen Überfängen im Empirestil sowie mit aufgefüllten Brocken von
Erzitglas dekoriert. .
Die Bedeutung des Korallrot für die opaken Farben hat das Granatrot für die transparenten Far
ben. Seine starke Röte erinnert an das schönste Kupferrubin, ist aber weitaus durchscheinen-
der
Von den 26 verschiedenen Sorten der ausgestellten Rohgläser in Stengelform werden in der
Spitzflamme glatte und innen gerippte Perlgläser, Wickelgläser, Bügelgläser und Röhren verar
beitet. Letzteren schließen sich Spreng- und Rondiergläser zur Erzeugung der auch ausgestell
ten, gehackten und rondierten Perlen an, die von der Perlenfabrik der Firma in Przichowitz er
zeugt werden. Das Erzeugnis geht von hohlen Stengeln mit eckigem oder rundem Querschnitt
aus, die meist nur aus einem Glase, mitunter auch aus zwei verschiedenen, übereinander la
gernden Farbenschichten bestehen, bei denen der innere Kern satt, die äußere Schicht durch
scheinend oder auch färbig gestreift ist. Die Stengel werden mit der Maschine geschnitten und
die entstehenden Bissei in glühendem Sande in rotierenden Muffeln bis annähernd zur Kugel
form oder nur soweit verschmolzen, daß der Hackfläche die Schärfe genommen ist, wie bei den
sogenannten Schmelzperlen mit sechseckigem Querschnitt, die, meist aus schwarzem Glase er
zeugt, zu Posamenten verarbeitet werden. Neben den Schmelzperlen findet man Perlen aller
möglichen Größen, Transparenten und Farben (darunter wieder als Sonderheit Korall und Gra
nat), Perlen ohne Loch, sogenannte Ballotini, und durch Anschliff von Facetten effektvoller ge
machte Perlen. Künstliche Blumen, Posamenten und Stickereien, sowie Kolliers erweisen die
mannigfaltige Verwendung der Perlenarten. Rondierte, einem besonderen Veredlungsverfahren
unterworfene Perlen zeigte Dr. Weiskopf & Co., Morchenstern, in 4Gruppen. Zur Erzielung
besonderer Wirkungen werden neben den rundlochigen Perlen solche mit 4eckigem Loch verar
beitet. Man erblickt je eine Gruppe innen versilberter oder vergoldeter Perlen, mit Anilin gefärte
Kristallperlen, teilweise mit Silbereinzug, Perlen in durchscheinenden Farben mit Silbereinzug
und außen vergoldete oder platinierte Perlen aus schwarzem Glase. Darüber angebrachte Per-
lenfranzen zeigen die hauptsächlichste Verwendung der ersten drei Arten.
Eine große Gruppe von Perlen, die Spreng- oder Coupe-Perlen, stellt die Firma Simm & Co.,
Polaun, aus. Sie sind in allen Stärken, von 0’8 mm bis zu 2 cm, und allen vorhandenen Glas
farben, besonders in schwarz, opal, blauopal, lapis und sattgelb, vertreten. Als Dekorationsarten
liebt man das Einziehen von Farben in die Löcher, das Versilbern, Beschleifen von Facetten,
qanzen Flächen oder auch nur der Schnittfläche, das Bemalen u. a.
Eine besondere Art Sprengperien sind die von Johann Pitter - Neudorf ausgestellten
Schmelzperlen mit 6eckigem Querschnitt, zumeist aus Kristall- oder schwarzem, sowie atlasier-
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