Seit 154 Jahren hat sich die Glaserzeugung in der Familie Riedel in unmittelbarer Nachkommen
schaft vererbt. Ursprünglich wurde nur Hohl- und Scheibenglas erzeugt und Preßglas um 1780
aufgenommen. Die noch erhaltenen, bis 1787 zurückreichenden Geschäftsbücher zeigen, daß
die ersten Sprengstengel 1793, die ersten Stangen 1803 und die ersten Perlgläser 1815 erzeugt
wurden. 1805 wurde in Neuwiese der erste Anlauf zur Raffinierung des Glases genommen; ei
nige Jahre darauf mußte die Raffinerie zugleich mit der Hütte infolge eingetretenen Holzmangels
nach Klein-Iser verlegt werden. Später stellte man ausschließlich Rohglas her, bis 1887 die Wie
deraufnahme der Raffinerie mit Einschränkung auf Erzeugnisse der Hohlglasfabrikation erfolgte.
Die Perlenfabrik wurde 1887 gegründet...
Gruppe IX: Gablonzer Waren, Galanterie= und Kurzwaren, S. 119 ff.
Wohl eines der größten Gebiete unserer Industrie ist die in eine Unzahl von Techniken zerfal
lende Erzeugung der Perlen. Die Sammelausstellung zeigt große Skalen von Kristallper
len, innen vergoldet oder versilbert oder mit Brokatdekor versehen, schwarze, außen metalli
sierte Perlen, naturfarbene, innen versilberte, in den verschiedensten Farben leuchtende Er
zeugnisse, Perlen mit Fischschuppeneinzug, rondierte Stickperlen (sog. Charlottes), geschlif
fene Perlen (Charlottes taillees), verschmolzene Röhrchen (Tubes galets), massive Glaskügel
chen (Ballotini), Rocailles aus gestreiftem und satt farbigem Glase, rondierte Perlen für Grab
kränze und Blumen aus gesättigtem und aus durchscheinendem Glase, fassettierte Perlen für
Posamentierer und noch viele andere Sorten, auf deren Bezeichnung und nähere Beschreibung
hier unmöglich eingegangen werden kann. Aus der Fülle durchwegs erstklassiger Erzeugnisse
ragen insbesondere jene der Produktivgenossenschaft der Hohlperlenerzeuger
in Gablonz und die der Firma Dr. Weiskopf & Cie. in Morchenstern hervor.
Erstere zeigt die als Rohstoff dienenden, gefärbten Glasröhrchen und die daraus hergestellten,
auf das verschiedenartigste dekorierten Hohlperlen in Tausenden von Marken und Hunderten
von Farben, während letztere als ihre unerreichte Sonderheit prachtvolle Goldverspiegelungen
von hohlen Perlen und Reifen, aber auch feinste Glasgespinste und Gewebe bringt...
... die unter dem Sammelnamen „Gablonzer Industrie“ vorgeführte Sammel-Aus-
stellung der Gablonzer Industrie, welche einen Blick in den zweiten großen Teil die
ses eigenartigen Gebietes, die Metallbearbeitung, gestattet. Auf dem Boden der Glasindu
strie in der Mitte des vorigen Jahrhunderts entstanden, nahm sie in wenigen Jahrzehnten aus
einfachsten Anfängen einen derartigen Aufschwung, daß sie heute als „Gablonzer Industrie“
schlechtweg bezeichnet werden darf.
Das Zustandekommen und die musterhafte Anordnung dieser Ausstellung ist vor allem ein Ver
dienst des Herrn Zdenko Bartha in Gablonz. Wenn auch wenig umfangreich, bietet sie dem
aufmerksamen Beschauer doch ein treffliches Bild dieses in seiner Art einzig dastehenden Ge
werbefleißes.
Der Entwicklungsgang der „Gablonzer Industrie“ läßt sich am besten an der vorzüglich angeord
neten, historischen Ausstellung des Stadt-Muse ums des Gablonzer Gewerbe-Ver
eines verfolgen. In acht geräumigen Vitrinen sind hier die Erzeugnisse dieser Stadt von 1845
bis 1903 gesichtet.
Der erste Schrank enthält Gegenstände aus den zwei Jahrzehnten nach 1845, also aus der Zeit
der Anfänge der Gablonzer Gürtlerei, welche dem Bedürfnisse entsprang, die mannigfaltigen
Kunsterzeugnisse der bereits hochentwickelten Glasindustrie zu fassen und zu Schmucksachen
zu verarbeiten. Ein Meisterstück dieser Sammlung - ein von Johann Rößler kunstvoll gearbeite
ter, mit prachtvollen, blätterreichen Georginen besetzter Zweig - besteht noch ganz aus Glas.
Von den verschiedenartigen, in diesen ersten Zeitabschnitt fallenden Bijouterien seien vor allem
die Broschen genannt: im allgemeinen Glasbläserkunststücke und in sehr bescheidener Weise
gefaßt. Eine von ihnen sei als typisches Beispiel hier beschrieben. Ein kreisrunder Durchschnitt
durch eine Glasstange von ungefähr 3 cm Durchmesser ist fein geschliffen und poliert und mit ei
nem dünnen Messingrähmchen umgeben. Die Glasstange und auch die aus derselben geschnit
tene Platte sind aus verschiedenen Bestandteilen zusammengesetzt. Den runden Kern von Ru
binglas umschließt ein opakweißer Kreisring, an den sich ein zweiter aus Aventurin schließt, wel
chem ein Stern aus undurchsichtigem weißem Glase folgt, dessen Ecken mit Goldfluß erfüllt
sind. Dieser Stern ist von einem größeren, breiten Ringe umgeben, in dem kleine Kreise aus
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