ist uns auch eine Zeichnung mit der Werkstätte eines Hohlperlenerzeugers überliefert
(Abb. 206, S. 259). Er schreibt:
„Meine Erinnerungen reichen nur bis in die Jahre 1880—1885 usw. zurück. Damals wurden bei
uns sehr viel Perlen eingemalt, man nannte sie Einmaleperlen. Die Werkstätte dazu war sehr
einfach. Man brauchte: Farbe, einen Teller, einen Farbenreiberund eine oben abgeschlissene(?)
Taubenfeder als Pinsel. Dieser Pinsel wurde in die Farbe eingetaucht und dann führte man in die
Löchel der Perlen, Stiftei u. dgl. die Farbe ein und erhielt so Perlen von blauer, grüner, korallroter
u. dgl. Farben, solche Einmaler (Perlenfärber) konnte man hier in den Orten öfters antreffen“
(Pörner o.J., S. 3).
Posselts Beschreibung ist noch ausführlicher: zwei- und dreimalige Perlen, polierte
sowie auch rohe Bissei (Sprengperlen) wurden Anfang der 1850er Jahre in
Morchenstern durch Einmalen von Lackfarbe innen dekoriert:
„Das Malen geschah entweder am Faden oder im Topfe. Bei ersterem Verfahren war folgender
Vorgang üblich: Die Farbe wurde auf einer Glastafel in Terpentinöl gerieben und Damarlack zu
gesetzt. Ein Wollfaden wurde in diese Farbe eingetaucht oder mit einem Pinsel überstrichen,
dann an das Ende einer langen mit Perlen angereihten Schnur angebunden und die Perlen auf
den Farbfaden gezogen und fleißig gedreht (,gewölkert‘). - Erfolgte das Einmalen im Topfe, so
wurden die Perlen in einen Topf geschüttet, die Farbe darüber gegossen und durch fleißiges Um
schütteln die notwendige Gleichmäßigkeit erzielt. Nach dem Herausnehmen der Perlen wurde
die auf der Oberfläche derselben angesetzte Farbe mit Leinwandtüchern halbwegs abgeputzt,
die vollständige Reinigung geschah dann auf einem Leinwandtuche, das man zuvor mit einer
Lauge (Wasser und Soda) eingetaucht und ausgewunden hatte. Farbe brauchte man bei diesem
Topf verfahren bedeutend mehr. Sie wurde auf einem großen glatten Granitsteine gerieben“
(Posselt 1907, S. 4, 5).
Das Einziehen der Farbe in die ganzen Stängel war nach Posselt ab 1872 ge
bräuchlich (Posselt 1907, S. 5). Das Färben der Glasröhren geschah bis zum Ende
der 60er Jahre durch einfaches Einfangen des Farbstoffes mit dem Munde (Parkert
1925, S. 151). Zu Beginn des 20. Jahrhunderts war das Einmalen und Einziehen von
Farbe und Silber weit verbreitet:
„Unerschöpflich in der Zahl der Farbennuancen und von besonderem Interesse hinsichtlich der
’Art ihrer Herstellung sind die Perlen aus naturfarbigem Glas, die zum Teil von innen heraus de
koriert werden. Ein technischer Ausdruck hiefür lautet,eingemalte Perlen’. Wir finden Millionen
von innen versilberte Perlen, Krystallperlen innen versilbert und mit Außendekor, Krystallperlen
innen mit Brokatdekor..." (Schindler 1906, S. 1719).
Beständiger als die Farben der Biedermeierzeit waren die etwa ab der Mitte des 19.
Jahrhunderts bekannten Anilinfarben, die man dann mit Vorliebe verwendete. Bei
Parkert finden wir genauere Angaben über Lackfarben und Anilinfarbstoffe, die zum
Färben der Perlen verwendet wurden (Parkert 1925, S. 179):
Korallrote Töne: „Türkischrot, Cochenillack und Mennige“
Anilinfarbstoffe für rote Töne: „Diamantfuchsin (bordeauxrote Töne), Ponceaurot (scharlachrote
Töne), Safraninrot (für Koralltöne)“
Grüne Töne („Malachitgrün und Methylgrün“), gelbe Töne („Krysoidin-, Orang- und Bernstein
gelb“), braun („Maron- und Havanabraun“), blau („Methylblau“), violett („Methylviolett“).
Bei Perlen mit Fischsilberdekor verwendet man Aetherkollodium, um den Anilin
farbstoff einzutragen.
VERGOLDUNG VON AUSSEN
Vergoldung und Versilberung ist sowohl an der Außen- als auch an der Innenwandung
der Perle möglich. Bei den mit Edelmetall außen überzogenen Venezianer Perlen
(Abb. 244, S. 287) wurde nach Altmütter echtes Blattgold oder Blattsilber auf einen
naß aufgetragenen Grund (einer Auflösung von Borax mit arabischem Gummi -
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