drückt werden, Fig. 115 u. 116, und wärmt dann Form und Stäbchen in einem Nebenofen an. Ist
dies geschehen, so bildet der Arbeiter am Flefteisen einen Vollcylinder aus farblosem Glase,
dessen Dicke dem freien Raume innerhalb des Stabkranzes nahezu entspricht, wärmt diesen
stark an, senkt ihn zwischen die Stäbe in die Thonform ein, und staucht ihn hier zusammen, bis
er den Raum innerhalb der Stäbe möglichst vollkommen füllt und die letzteren berührt. Die farbi
gen Elemente heften sich dem farblosen Kerne hierbei in ihrer ganzen Länge fest an, können da
her mit ihm aus der Form herausgehoben und, von Neuem angewärmt und erweicht, auf der
Marbelplatte in einen den Cylinder umhüllenden gestreiften Mantel mit ungerippter Oberfläche
verwandelt werden. Den mit aus der Verschmelzung der Stäbe entstandener, farbig gestreifter
Glasschicht umhüllten Glaskörper wärmt nun der Arbeiter von Neuem an, drückt sein freies Ende
zu einer Spitze, in die alle bunten Streifen verlaufen, zusammen, faßt diese Spitze mit einer Zan
ge, die er in der Rechten führt, zieht sie aus und ertheilt gleichzeitig mit der Unken dem Heftei
sen, an dem der dicke kurze Cylinder klebt, und das auf den horizontalen Führungsarmen des
Stuhles aufliegt, eine rollende Bewegung. Hat er in dieser Weise einen Stab von circa 5 bis 6 cm
Dicke und 10 bis 12 cm Länge hergestellt, um dessen farblosen Kern die farbigen Schraubenli
nien, von einander getrennt durch die zwischengelagerte farblose Ueberfangmasse der benutz
ten einfachen Stäbe, in verlangter Stärke der Windung gleichmäßig verlaufen, so schneidet er
denselben mit der Scheere ab, wärmt das dicke Glas am Hefteisen wieder an, und zieht aus die
sem in derselben Weise einen Stab nach dem anderen.
Soll nicht die ganze Staboberfläche gleichmäßig mit sich windenden farbigen Streifen, zu denen
wir hier auch die opak weißen zählen, bedeckt erscheinen, sich z. B. nur ein nicht über die Stab
oberfläche ragendes farbiges Band um den farblosen Kern schlingen, so ist die Herstellung eine
der oben beschriebenen ganz analoge, nur werden in die Thonform nur einige bunte Elemente
nebeneinander gestellt, der übrige Umkreis derselben aber mit farblosen Stäbchen gefüllt. So
giebt für ein Muster wie Fig. 117, Fig. 118 die Stabdisposition in der Form.
Wenn, wie in den bisher aufgeführten Fällen, der Kern farblos und durchsichtig ist, so kommt bei
Betrachtung eines solchen Stabes die von dem Beobachter abgekehrte Rückseite für die Ge-
sammtmusterung eben so gut zur Geltung, als die Vorderseite, die Projectionen der gewunde
nen Fäden auf beiden Seiten kreuzen sich daher scheinbar, und bilden ein nach den Kanten zu
verschobenes Rautenmuster. Soll das durch die Fäden erzeugte Bild nun keine derartigen Rau
ten zeigen, sondern das einer Perlenreihe sein, so müssen die gefärbten Fäden von der Ober
fläche des Stabes in sein Inneres und zwar in eine, in der Richtung der verschiedenen Durch
messer des Querschnittes sich windende, Schraubenfläche verlegt werden. Um solches zu er
reichen, wird zunächst ein kleiner Hohlcylinder ausgeblasen, dieser an dem der Pfeife gegen
überliegenden Ende geöffnet, und auf der Marbelplatte flach gedrückt. In die niedrige Höhlung
der gewonnenen flachen Scheide legt der Arbeiter eine Reihe Stäbchen, so daß das Ganze den
Querschnitt Fig. 119 zeigt. Nachdem dann der offene Theil der Scheide angewärmt, wird er
durch ein Zusammenpressen seiner vorderen Ränder wieder geschlossen, dann bis zu vollem
Erweichen angewärmt und, während nun der Arbeiter, welcher ihn aufgeblasen hat, die Luft aus
dem Inneren durch die Pfeife absaugt, von einem anderen Arbeiter auf der Marbelplatte flach zu
sammengedrückt, so daß möglichst alle zwischen Mantel und Stäben eingeschlossen geblie
bene Luft entfernt wird, und nur eine farblose flache Glasmasse, in die die farbigen Röhren ein
gebettet erscheinen, übrig bleibt. Auf die obere wie auf die untere Seite der so gewonnenen
Platte wird dann eine Portion farblosen Glases aufgetragen, die genügt, um einen Vollcylinder
von einem Durchmesser, der größer als die Gesammtbreite der eingeschlossenen Stäbe, zu bil
den, und darauf, durch Marbeln, aus der Gesammtmasse ein Cylinder, von einer Querschnittan
ordnung, wie sie Fig. 120 zeigt, hergestellt, der beim Ausziehen und Drehen, da die gewundene
Fläche der Fäden fortwährend aus der einen in die andere Projection übergeht, einen Stab von
dem Ansehen von Fig. 121 liefert. Eine eingehende Beschreibung der Herstellungsweise solcher
Filigranstäbe hat 1845 Bontemps im Bulletin dersociete d’encouragementgegeben.
Einfarbige sowie zusammengesetzte derartige Stäbchen, die, wenn das Muster geradlinig, in Ve
nedig einfach als „canne“, wenn es gewunden, als „canne ritorti“ bezeichnet zu werden pflegen,
bilden nun die Elemente, die schon von der alten Glastechnik, wie von den Venetianern und ih
ren Schülern, zu den sogenannten Mosaik= und Filigrangläsern benutzt wurden.
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