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Schleiferei fällt bei Herstellung imitirter Edelsteine der hauptsächlichste und mühsamste Theil 
der Arbeit zu. Es ist daher nicht gleichgültig, ob die Qualität des erschmolzenen Productes eine 
bessere oder geringere sei. Der Schleifer kennt dieses sofort heraus, da er bei gutem Material 
mehr, oft das Doppelte, und dabei schönere Waare fertig bringt, als bei schlechter Beschaffen 
heit desselben. 
Wir wenden uns nun dem Ziehen des Compositionsglases zu. Während im französischen Jura 
die einzelnen Simili=Steinchen direct aus der zerkleinerten Glasmasse geschliffen werden, wird 
in Böhmen ein anderes Verfahren angewendet. Die erwähnten größeren Glasstücke erweicht 
und zu Stangen ausgezogen. Diese Stangen werden nochmals erweicht und in die, den Stein- 
chen entsprechenden Formen gepreßt. Der Schleifer hat dann nur die einzelnen Facetten nach 
zuschneiden und zu poliren. 
Das Ziehen geschieht folgendermaßen: Der dazu dienende Ofen, früher ausschließlich mit Holz 
feuerung wegen Reinheit der Flamme, in neuester Zeit jedoch mit demselben Resultate auf 
Steinkohlenfeuerung eingerichtet, hat in halber Manneshöhe einen capellenartigen Raum, wel 
cher nach vorne offen ist. Die Flamme kommt aus der darunter liegenden Feuerung in die Capel 
le, zieht theils am hinteren Theile derselben durch einen engen Zug ab und schlägt zum anderen 
Theile aus der vorderen Oeffnung heraus. Lieber der Capelle befindet sich eine Anwärmekam 
mer, welche von dem abgehenden Feuer erhitzt wird. 
Zwei Arbeiter verrichten das Ziehen, nämlich ein Glasmacher, Zieher genannt, welcher nur die 
Bearbeitung der Glasmasse vor dem Ofen ausführt, und ein Hülfsarbeiter, der zugleich auch die 
Feuerung im regelmäßigen Gange zu erhalten hat. Werkzeuge, deren sich der Zieher bedient, 
sind das Heft= oder Nabeleisen, die Glasscheere, das Zwick= oder Absprengeisen, das Streich= 
oder Richteisen und eine kleine glattgehobelte Gußeisenplatte, welche als Marbel dient. Den 
Glasmacherstuhl vertritt ein kleiner Wassertrog, der auf Holzfüßen steht; auf einer Seite dieses 
Troges liegt die Marbelplatte, auf der anderen ist eine Eisengabel befestigt, in welche der Zieher 
das Nabeleisen einlegen kann; eine ähnliche Gabel ist auch vor der Arbeitsöffnung der Capelle 
angebracht. 
Weiter braucht der Zieher noch die Ziehbank, einen niedrigen Tisch, 1 m breit, 2 m lang, ringsum 
mit einer Holzleiste versehen. Auf diesem Tisch wird eine 2-3 cm hohe, ganz trockene Sand 
schicht ausgebreitet und glatt geebnet. Dieser Tisch muß an einer vor Zugluft geschützten war 
men Stelle nicht zu weit vom Ofen stehen, denn derselbe dient auch zum Abkühlen der gezoge 
nen Stangen. Eine besondere Kühlvorrichtung ist nicht nöthig, da gut geschmolzenes Bleiglas 
auch bedeutenden Temperaturwechsel sehr leicht übersteht. Beim Ziehen hohler Glasstangen, 
der Röhren, kommt noch die Glasmacherpfeife, das Wallholz, sowie ein besonderer an die Hütte 
angebauter langer Ziehgang hinzu. 
Der Ofen wird jeden Morgen frisch angeheizt und verbraucht 1 Doppelcentner Steinkohle am 
Tag. Der Hülfsarbeiter legt die zum Verarbeiten bestimmten Compositionsstücke in die obere An 
wärmekammer, nach ungefähr 1 V2 Stunden sind diese, wie der Ofen selbst, zum Arbeiten genü 
gend erhitzt. Nun nimmt der Feuermann mit einer langen Zange eines dieser Stücke, legt es vor 
die Oeffnung der Capelle, wo es, von der Flamme bestrichen, in kurzer Zeit zu erweichen be 
ginnt. Der Zieher macht sich ein kleines Glasklümpchen an das Nabeleisen, dreht das ange 
wärmte Glasstück herum und heftet das Nabeleisen an die erweichte Stelle, läßt etwas erstarren 
und hat nun den vielkantigen unregelmäßigen Glasklumpen fest am Nabeleisen sitzen. Er hält 
diesen eine kurze Zeit unter beständigem Drehen in das Feuer der Capelle, wobei die scharfen 
und vorstehenden Kanten sich zuerst erweichen; nun zieht er heraus, legt den Klumpen auf den 
Marbel, drückt mit dem Streicheisen die erweichten Kanten nieder und glättet vorsichtig den 
Glaskörper. Diese Kanten dürfen sich aber nicht umlegen, weil dadurch Blasen und Hohlräume 
entstehen. Nun führt der Arbeiter den Klumpen, in Böhmen Knaucke genannt, zum zweiten Male 
in die Capelle, wo das Glas unter beständigem Drehen durch und durch erweicht und dann auf 
dem Marbel mit dem Streicheisen zu einer vollkommenen Birne geformt werden kann. Es kommt 
öfter vor, daß an der Oberfläche dieser Birne noch Thonkörnchen oder Theile der Lehmglasur, 
oder sonstige Unreinigkeiten sitzen. Der Arbeiter legt daher die Knaucke mit dem Nabeleisen auf 
die Gabel des Wassertroges, hält mit der linken Hand das Nabeleisen, ergreift mit der rechten 
das Zwickeisen und zieht mit diesem diese verunreinigenden Körnchen aus der weichen Glas 
masse 1-2 cm in die Höhe, worauf er die Scheere ergreift und den in die Höhe gezogenen Fa 
den abschneidet. Ist nun die Knaucke ganz rein, so wird dieselbe in der Capelle nochmals gehö- 
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