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Natürlich war man bestrebt, auch anderwärts Hohlglasperlen zu erzeugen. Johann Kunckel gibt 
uns bereits in seinem 1756 in Nürnberg erschienenen Werke über die „Glasmacherkunst“ eine 
ausführliche Beschreibung vom Glasblasen und alsbald faßte denn auch in Deutschland und 
Oesterreich, insbesondere aber auch in Böhmen die Hohlglasperlenerzeugung festen Fuß und 
erfuhr binnen kurzer Zeit eine derartige Entwicklung, daß nicht nur die fremdländischen Erzeug 
nisse hinsichtlich der Form und Qualität erreicht, sondern sogar übertroffen wurden. Heute ge 
nießen Hohlglasperlenerzeugnisse, die aus Thüringen oder aus Nordböhmen stammen, sozusa 
gen einen Weltruf... 
Zur eigentlichen Erzeugung der Hohlglasperle bedient man sich eines Lampen= oder eines Bla 
setisches, der für Petroleum^ oder Gasfeuerung eingerichtet ist. Der Perlenarbeiter erwärmt das 
eine Ende der Glasröhre über der durch das Gebläse entstehenden Stichflamme, zieht die 
Schmelzspitze ab, um einen Abschluß des Röhrenendes zu erzielen und bläst mit dem Munde 
am anderen Röhrenende Luft hinein. Hiebei bildet sich die weiche glühende Glasfläche zu einer 
runden Perlkugel aus. Nun wird das Glas neuerlich neben der ersterzeugten Perlkugel erhitzt 
und der Vorgang wiederholt sich in gleicher Weise und so lange bis die ganze Glasröhre aus ei 
ner zusammenhängenden Perlenreihe oder einem sogenannten „Klautsche“ besteht. Infolge der 
jahrelangen Uebung kann der Perlenarbeiter bei 8stündiger Arbeitszeit am Tage 2-300 Dutzend 
Perlen formen oder blasen. Trotzdem hat man aber auch für diese Arbeit bereits maschinelle 
Vorrichtungen geschaffen, die es ermöglichen, Hohlglasperlen in einfacher, dabei aber rationel 
ler Weise zu erzeugen. Eine solche Perlenformmaschine sehen wir in der Abb. 35 dargestellt. 
Die Einrichtung besteht aus einem Hebelzeuge H, das in der Eisenstütze ST beweglich gelagert 
ist. Der an dem Hebel H angeschlossene kleine Luftkessel führt dem mit einem Gummischlauch 
angeschlossenen Glasröhrchen die Preßluft zu. Bei F ist eine Vorrichtung zum Einspannen der 
Perlenformen angebracht, wodurch es ermöglicht wird 15-20 Perlen auf einmal zu erzeugen. 
Auch auf diesem Gebiete hat Frankreich neue technische Fortschritte zu verzeichnen, indem 
man zur Herstellung von Hohlglasperlen automatisch wirkende Maschinen konstruiert hat, wie 
Abbildung 36 uns veranschaulicht. Die Herstellung der Glasperlen geschieht hier nach dem so 
genannten Jossand’schen Verfahren durch eine mechanisch in Drehung versetzte Glasröhre, 
welche mittels einer Art Drehbank in Rotation versetzt wird. Mit dieser Einrichtung ist es sogar 
möglich, verschieden geformte Perlen zu erzeugen, deren Flächen bei entsprechend starkwan- 
digem Glase auch durch Schliff verziert werden können. 
Die ersterwähnte Perlformmaschine wurde in den 70er Jahren von einem Perlenbläser des Iser- 
gebirges erfunden und führte sich sehr rasch ein, da erstens einmal die Formgebung der Perlen 
nicht mehr mittels der Lungenkraft des Perlenbläsers, sondern mit Hilfe des an der Formpresse 
angebrachten Windkessels erfolgt und da überdies eine rationellere Arbeitsmöglichkeit erzielt 
wurde. Trotzdem aber hat sich namentlich in Thüringen, im Fichtelgebirge und vor allem auch in 
Nordböhmen die Handperle, also die mit dem Mund geblasene Perle, und die immerhin beach 
tenswerte Kunstfertigkeit der Freihandperlenerzeuger erhalten und fortvererbt. 
Die mittels einem eigentümlichen Werkzeuge, dem sogenannten „Knaecht“ erzeugte „Knecht 
perle“, die von dem Werkzeuge auch ihren Namen erhalten, ist dagegen mehr und mehr aus 
dem Verkehr verschwunden und auch die primitive Erzeugungstechnik wird kaum mehr ange 
wandt. Der Perlenarbeiter bediente sich dabei eines Werkzeuges zum Messen der Perlen, auf 
das der Stengel bei der Arbeit aufgelegt wurde. Da diese Arbeitsmethode unpraktisch war, hat 
man sie wahrscheinlich ganz und gar fallen gelassen. 
Unsere Abbildung veranschaulicht uns den Betrieb einer Perlenbläserei im Iserqebirqe 
(Abb. 37). 
Der männliche Arbeiter ist damit beschäftigt, das Glasröhrenende über der Stichflamme zu erhit 
zen, um hierauf mittels der vor ihm stehenden Perlenformmaschine die Perlen zu formen, wäh 
rend die Frau die Perlen noch in der oben beschriebenen Weise aus freier Hand erzeugt, wovon 
die Perlen auch die Bezeichnung „Freihandperlen“ führen. Die so erreichten Perlstäbe bestehen 
jetzt aus einer Anzahl geformter Glasperlen, die in geringen Abständen durch den sogenannten 
„Schmelzfaden“ zu einer Perlenreihe, oder einem „Klautsche“ vereinigt erscheinen. Um die Per 
len zu trennen, schneidet man den Schmelzfaden mit einem doppelseitig geschliffenen Stahlin 
strumente, dem sogenannten „Feilmesser“ durch. Vielfach aber werden die Klautsche mit einem 
Silberdekore ausgestattet und zu diesem Zwecke erhält der „Einzieher“ die Perlen zum Dekorie 
ren. diese Arbeit geschah zu Anfang des vorigen Jahrhunderts ebenfalls in sehr primitiver Weise, 
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