IRISIEREN UND LÜSTRIEREN
Die Irisierung von Perlen scheint sich etwa gleichzeitig wie jene des Hohlglases
durchgesetzt zu haben, und zwar etwa um die Zeit der Wiener Weltausstellung (1873);
erfunden wurde die Irisierung bekanntlich um die Mitte des 19. Jahrhunderts (1856)
vom Chemiker L. V. Päntotsek für die Glasfabrik J. G. Zahn im ungarischen Zlatno
(Neuwirth, Glas des Jugendstils, 1973, S. 45; Neuwirth, Loetz 1900, 1986, S.277-
299). Während Brianchon in Frankreich für seine Irisierungen berühmt wurde, kam der
Firma Weiskopf in Morchenstern für den Gablonzer Raum große Bedeutung zu.
Die Begriffe „Iris“ und „Lüster“ werden in der Glasperlen-Technologie im Hinblick auf
Schmelzperlen folgendermaßen definiert (N.N., Sprengperlen, o.J.): Lüster verleiht
den Schmelzperlen aus Alabasterglas den matten Glanz der echten Perle, und auf
schwarzem Glas (Kohlglas) erzielt man Iris (als Spiegelung in den Regen
bogenfarben). Während der Effekt der Perlen-Irisierung auch jener des Hohlglases
entspricht, scheint der Perlen-Lüster jenem in Keramik und Glas diametral entgegen
gesetzt zu sein, wenn wir an spanisch-maurische Lüsterfayencen, Kupferlüsterfonds
von Porzellanen und lüstrierte Jugendstilgläser (Lötz, Tiffany) denken. In einem
französischen Bericht von der Wiener Weltausstellung 1873 werden die Perlen von
Bapterosses besonders gerühmt, vor allem jene mit den „lustres nacres“ von
Brianchon (Wien 1873, Rapports 3/1875, S. 50). Durch die Einführung des Irisierens
durch Paul Weiskopf entstand in Morchenstern
„ein neuer Erwerbszweig, der sich von hierauch auf die Nachbarschaft ausbreitete und sich bis
"in die Gegenwart herauf erhalten hat. In der richtigen Erkenntnis, daß irisiertes Glas in die Mode
kommen wird, begann man in der Hauptsache Schmelzperlen und auch einige Bijouterieartikel
zu irisieren [Der Bijouteriewarenerzeuger Josef Ullmann in Morchenstern war der erste, der das
Irisieren auf Schmuckwaren und Knöpfen versuchte], Paul Weiskopf lieferte die notwendigen
Chemikalien oder besorgte sie ... Andere Metallreflexwirkungen wie Lüster wurden zur Dekora
tion angewandt, glückliche Zufallsergebnisse wurden ausgenützt und führten zu Spezialisierun
gen in der Branche und so hielt sich dieser Erwerbszweig bis in die Gegenwart herauf. Die Ein
richtung, die Irisiertrommel oder Muffel, ist ziemlich einfach in der Anwendung, dazu kam noch
für die sonstige Manipulation ein Brennofen...“(Meissner 1954, S. 18).
Die 1876 nach dem Ableben von Hartwig Weiskopf eingetragene Firma Zimmermann
& Weiskopf/Morchenstern in Böhmen vermerkte auf ihrer Geschäftskarte zahlreiche
„Chem. Produkte für die Glas=, Porzellan= und Thonwarendekoration: Schmelz= und
Lustrefarben; Chemikalien zur Vergoldung, Versilberung, Platinierung und Ätzung;
Emailfarben, Anilinfarben, Anilinlackfarben, Kitte, etc.“.
Meissner wies nachdrücklich auf die Produkte Weiskopfs und ihre Bedeutung hin:
„Iris und Lüster, und verschiedene Metallreflexe waren die große Mode in der Dekoration von
Perlen und anderen Bijouterieartikeln geworden, ebenso das Vergolden und Versilbern voni
Schmelzperlen, und daher wuchs der Bedarf an Chemikalien für diese Zwecke ungemein...“
(Meissner 1954, S. 22).
Im Jahre 1886 erhielten Duisburg & Co./Gablonz und Anton Brückner/Morchenstern
ein Privilegium (Nr. 36/1586) auf ein Verfahren, einen Perlmuttereffekt auf Glas
knöpfen, Glasperlen und ähnlichen Glaserzeugnissen durch „Incorporiren irisirter
Glasbrocken, Glasstückelchen od. Glasperlen in die Glasmasse“zu erzielen.
Irisierungen und Lüstrierungen, im Historismus entwickelt, wurden zu einer der
charakteristischen Jugendstil-Veredlungstechniken, auch bei der Glas- und Por
zellanperle. Eine Leistungsschau bot die Deutschböhmische Ausstellung in
Reichenberg. Hier zeigte Joh. Pitter, Neudorf, unzählige Sprengperlen. „Von den
mannigfachen Farbeneffekten werden gegen 100 vorgeführt und durch Einbrennen
der verschiedenen Lüstern oder Iris erreicht“ (Arnold 1909, S. 89, 90). Auch die
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