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8 Mittelalterliche Tempel- und Regionalstile 
Etwa in dem halben Jahrtausend zwischen dem 9. und dem 
14. Jahrhundert sind in allen Teilen des indo-pakistanischen Sub 
kontinents schöpterische Krötte am Werk, feststehende Formen 
für die groljen Kultbilder zu bewahren und nach landschaftlichen 
Besonderheiten weiter zu entwickeln. Das Gebiet von der Süd 
spitze Indiens bis zu den Himalayas, von der Wüste Thar im 
Westen bis Burma im Osten deckt eine Fläche etwa von der 
Grö^e Europas; und wie es im Mittelalter z. B. bei gewissen ikono- 
graphischen Gemeinsamkeiten eine französische, englische, ita 
lienische oder deutsche Formensprache gibt, so bilden die Kunst 
landschaften Süd- und Zentralindiens, Orissas, Bengalens, Bihars, 
Rajputanas oder Nordindiens im Rahmen der gesamt-indischen 
Kunstentwicklung Sonderzüge aus. Der gröljte Teil unserer Aus 
stellung stammt von den Tempeln der Hindus und Jainas. Aus 
den Innenräumen kommen die Kulfbilder, die meistens auf strenge 
Vorderansicht berechnet sind, jedoch z. B. in den Bronzen voll- 
rund gearbeitet wurden (Kat. 283—288). Bei Werken aus diesem 
Material kam hinzu, dafj sie aut Stangen zu den großen Prozes 
sionen durch die Strafjen der Dörfer und Städte getragen wurden; 
wir haben bei unseren Stücken die Trageweise dieser Kultbilder 
angedeutet. Das Allerheiligsfe des mittelalterlichen Tempels barg 
nur dieses Götterbild und war im übrigen schmucklos und dunkel. 
Das Licht der Tropensonne drang aber in die Mandapas, Vor 
hallen des Tempels für Versammlungen weltlichen und religiösen 
Charakters und zum Aufenthalt. Hier waren Decken und Wände 
oft reich gemeifjelf und gemalt. Der gröljfe Prunk aber entfaltete 
sich an den Aufjenwönden; Bruchstücke sind in alle Museen In 
diens und anderer Länder gelangt. Von vollrunden Figuren sind 
die südindischen Bronzen am bekanntesten. Die Museen Madras 
und Trivandrum haben hervorragende Beispiele gesandt. Frag 
mente der Tempelwände sind zunächst in indischen Lokalmuseen 
gesammelt worden; das Freilichtmuseum von Khajuraho bewahrt 
Archifekfurreste einer ehemals grotjartigen Tempelstadt (Kat. 215 
bis 222). Zu weiteren Lokal- und Regionalmuseen, die mittelalter 
liche Plastik sandten, gehören Gwalior, Udaipur oder Calcutta, 
Asutosh-Museum. An Eleganz und Geschmeidigkeit, Sinnenfülle 
und Beweglichkeit ragen die osfindischen Schulen von Bengalen 
und Bihar hervor. Im Norden und Nordwesfen machte die Plastik 
bald eine Wandlung zur Längsdehnung und manierierter eckiger 
Bewegung durch. Die südindischen Bronzen bewahren bis in die 
späteste Zeit das gröfjfe Mafj an harmonischer Proportion und 
Nafurnöhe. 
Zu einer Sonderentwicklung und Bereicherung der Tempelwände 
MEDIAEVAL TEMPLE CULT AND PROVINCIAL STYLES; At some 
period during the intervening 500 years between the 9th and 
14th cenfuries A. D., Creative forces were at work in all parts ot 
the Indo-Pakistan sub-continent fo preserve unbroken fhe ancient 
forms of a great stilistic tradifion and further fo develop and 
adapt them in harmony with provincial particularities. 
The region from fhe southernmost point of Indio fo fhe Himalayas, 
from the deserf of Thar in the West to Burma in the East, covers 
an area roughly the size of Europe. The sculpture of South and 
Central India, Orissa, Bengal, Bihar, Rajputana, or Northern India, 
faking the development of art in India as a whole, displays 
peculiarifies similar fo those we find in the Middle Ages evinced, 
for example, in a certain iconographic Community of expression 
in French, English, Italian, or German formafive art. The greafer 
part ot our exhibifion comes from Hindu and Jain temples. The 
pictures and sculpfures illusfrafing the religious culf are from the 
inferior of fhese temples. Most of them are intended fo be viewed 
from the front only, but the bronzes are full round (Cat. 283—288). 
This enables figures made of this material to be borne in pro- 
cession, on poles, through the sfreefs of towns and villages. Our 
exhibits demonstrate the manner in which these images are 
carried. The Mediaeval temple harboured in the darkness of its 
innermost shrine — the Holy of Hohes — only this one image 
of the god, and was otherwise plain and unadorned. The rays of 
the tropic sun, however, found their way into the Mandapas, the 
temple court, where the villagers and the townsfolk gathered to 
discuss religious and other matfers and which also served as a 
public rest-room. Here, walls and ceilings were frequenfly richiy 
ornamented with reliefs and painfings, but it was fhe oufer walls 
which exhibited the greatest splendour. Fragments are to be 
found in every museum, both in India and in other countries. The 
full-round bronzes from Southern India are the best known. The 
Madras and Trivandrum Museum have senf us some exceedingly 
fine specimens. At present, fragments of temple walls have been 
collected by Indian local museums; fhe open-air museum at Kha 
juraho has preserved the architectural remnants of an erstwhile 
magnificent city. Gwalior, Udaipur or the Asutosh at Calcutta are 
among the provincial and local museums that have lent specimens 
of Mediaeval plastic art to this exhibifion. 
The East Indian schools of Bengal and Bihar excel in point of 
elegance, gracefulness, voluptuousness, and mobilify. tn the North 
and Northwest, plastic art soon underwenf a fransformafion, tend- 
ing fowards an exaggerated lengthening of the limbs and a stilted
	        
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