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2. DIE INDO-ARISCHE KULTUR (CA. 1400 V. CHR. BIS CA. 
750 N. CHR.), begründet von den aus Innerasien eingewanderten, 
mit den Iraniern verwandten „Aryas', kriegerischen Halbnomaden 
und Viehräubern, den Einheimischen durch Pferde, Streitwagen 
und bessere Waffen überlegen. Zwischen ca. 1200/1000 und 
600 V. ehr. wurden sie die Aristokratie (Kshatriyas) des neu er 
oberten Oangeslandes, danach mehr und mehr von einer städti 
schen Plutokratie abgelöst. Seit dem 6. Jahrhundert v. Chr. be 
gannen sich Grofjmonarchien zu entwickeln, die nach dem Ein 
fall Alexanders des Grofjen 326 v. Chr. in dem Riesenreich der 
Mauryas zusammengeschlossen wurden, welches fast ganz In 
dien und Ostafghanistan umfaßte. Parallel hatten sich die in den 
Veden besungenen kriegerischen Himmelsgötter der Aryas in der 
Opfer(brahman)-Magie der Priester an den Feudalhöfen aufge 
löst oder mit den lokalen Schutz- und Fruchtbarkeitsgottheiten 
(Yakshas, Nagas) der Unterwortenen vermischt. Eine neue Reli 
giosität entwickelte sich aus der Verschmelzung des vorarischen 
schamanistischen Yoga mit der brahmanischen Opfer-Philosophie 
(atman-brahman, „Das bist Dul"), schliefjlich in verschiedenen 
theistischen, pantheistischen, atheistischen und selbst materiali 
stischen Systemen sich kristallisierend. Von diesen wurden erst 
der Buddhismus und Jainismus einflußreich, weil ihr von lokalen 
Bindungen freier Intellektualismus und ihre hohe Ethik den Be 
dürfnissen der neuen Oberschicht über ganz Indien Handel trei 
bender Kaufleute und der sie beliefernden Gewerbe, der neuen 
Großstaaten, besonders des Maurya-Reiches, und später der 
fremden Eroberer entgegenkamen. Aber das achämenidisch- 
persischen und hellenistischen Vorbildern nachgeahmte Maurya- 
Reich, nur durch Gewalt zusammengehalten, löste sich nach dem 
Tode des milden buddhistischen Kaisers Ashoka wieder in einen 
losen Staafenbund unter den Sunga- und Kanva-Kaisern auf. 
Und damit setzte die nationalistische Gegenreformation der 
Brahmanen ein, welche sich einerseits als Hofastrologen, Opfer 
priester, Minister auf die Höfe stützten, anderseits die Volkskulte 
in ein paar große, theoretisch monotheistische, praktisch ge 
nommen polytheistische Systeme organisierten, in welche die 
zahllosen Lokalgötter als verschiedene Formen des höchsten 
Gottes, seiner „Macht' (Sakti, Gemahlin), seiner Emanationen 
(Kinder), seiner Inkarnationen und seines himmlischen Gefolges 
eingegliedert und einer Philosophie der Erkenntnis und Goftes- 
liebe untergeordnet wurden. 
Aber es sollte noch Jahrhunderte dauern, bis diese Bewegung 
stark genug wurde. Denn die Kleinstaaten wurden eine leichte 
Beute zentralasiafischer Eroberer, erst (2. Jahrhundert v. Chr.) der 
griechischen Satrapen Bakiriens (Nordafghanistans), dann der 
Skythen (1. Jahrhundert v. Chr. bis 2. Jahrhundert n. Chr. [Kat. 103; 
127]), Parther (um Christi Geburt, Apostel Thomas), der Yue-chi (To- 
charer) und Kushana (1. bis 3. Jahrhundert n. Chr.). Inzwischen 
löste sich die städtische Kultur immer mehr von ihrem dörflichen 
Hintergrund. Der Buddhismus, in Afghanistan, Ostturkeslan und 
schließlich China und Japan Mission treibend, wurde immer 
mehr mit dem Hellenismus und den zentralasiatischen Barbaren 
identifiziert. Statt dessen wurden die hinduistischen Religionen, 
der Vishnuismus (Himmelskönigskult), Sivaismus (Schöpterkult), 
Soktismus (Muttergöttinnenkult) und die Surya-(Sonnen-)Verehrung, 
respektabel und gewannen auch viele mächtige Ausländer für 
den Nationalismus, die Sanskritsprache des vedischen Kultes wurde 
Einheitssprache der indischen Oberschicht, ihre Literatur, vor 
allem die großen Nationalepen des Mahabharata und Ramayana, 
der Träger einer neuen nationalen Ideologie. 
Diese gewann schließlich Gestalt in dem Reiche der Gupta- 
Kaiser (320—530/70 n. Chr.), dem Goldenen Zeitalter der in 
dischen Kultur, dem klassischen Vorbild für alle späteren Jahr 
hunderte. Ein ganz Nordindien umfassender und den Dekhon 
kontrollierender toleranter „Wohlfahrtsstaat' mit noch elastischer 
großkapitalistischer Gesellschatts- und Wirtschaftsstruktur, strebte 
das Gupta-Reich doch letzten Endes ein aristokratisches Ideal 
an, die vollkommenste, von den Göttern inspirierte nationale 
Lebensform, in der auch alle fremden Kulfuranregungen absor 
biert wurden. Aber unter den ständigen Angriffen neuer zentral- 
asiatischer Barbarenhorden, der „Weißen' Hunnen (Hephthaliten), 
Sulikas und Gurjaras, zerfiel das Gupta-Reich in eine Anzahl 
Militärstaaten (ca. 530—750 n. Chr.); KriegsverwOstungen, In 
flation und Steuerdruck vernichteten den Bürgerstand; die Groß 
städte schrumpften zusammen; die vom Mittelstand getragene 
buddhistische Kirche verlor ihren Einfluß; die Gupta-KuHur ver 
sank in den feudalen Traditionalismus des Mittelalters. 
3. DER SÖDEN: Südindien hatte schon früh in noch wenig ge 
klärten direkten Beziehungen zu Mesopotamien, Arabien, Ägyp 
ten und Syrien gestanden. Seit etwa 600 v. Chr. drangen brah- 
manische und Kshatriya-Kolonisten, später auch Jainas und 
Buddhisten aus Nordindien ein, mußten sich aber der einheimi 
schen, ursprünglich megalithischen Kultur anpassen. Der Gewürz 
handel mit dem Römischen Reich machte den äußersten Süden 
reich (Tamil-Kultur des Samgam-Zeitalters, 3. Jahrhundert v. Chr. 
bis 3. Jahrhundert n. Chr.) und förderte im Dekhan die Entstehung
	        
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