MAK

Volltext: Alte und Moderne Kunst IX (1964 / Heft 77)

GERHARD WOECKEL 
Die Brzmnenanlagerl vor 
dem Müzzrbener jesuitenkloster 
im Wandel der jabrburzderte 
II 
 
Wie seinem in der 1. Hälfte des 18. Jahr- 
hunderts ausgeführten Vorgänger, so war 
auch dem Straub-Brunnen mit seiner unter 
freiem Himmel aufgestellten Holzskulptur 
eine nur relativ kurze Lebensdauer beschieden. 
Die frühesten Pläne für einen an der gleichen 
Stelle zu errichtenden Brunnen lassen sich 
bis auf das Jahr 1766 zurückverfolgen. Am 
30. Mai dieses Jahres reichte der bürgerliche 
Steinmetz Johann Gabriel Achmiller einen 
Kostenvoranschlag für einen „marmor Stai- 
nernen grossen Springbrunnen" mit einer 
Gesamtsumme von 1775 H. 50 kr. ein, jedoch 
mit verschiedenen Spezifikationen, je nachdem 
er „grauen Lenggriesser Märbl" bzw. „Roden 
Miessenbacher" (I Miesbacher) oder „Roden 
Salzburger Märbl" dazu verwenden würde. 
Zwei Weitere Überschläge vom 29.1.1767 
(für 1320 H.) und vom 6. 9. 1768 (für 703 H. 
45 kr.) sind vom gleichen Steinmetz für dieses 
Brunnenprojekt erhalten. Im Jahre 1767 be- 
schloß die Münchner Stadtkammer, einen 
neuen Brunnen aus Stein ausführen zu lassen, 
„da die erst vor 16 Jahren an der Neuhauser 
Gasse nächst dem Collegio S. aufgestellte 
Statue St. Joa: Nep: von Holz jetzt schon 
vollkommen ruenös" war. Dieser offensicht- 
lich zweckgesteuerten Nachricht muß man 
von unserem heutigen Standpunkt mit einer 
gehörigen Portion Skepsis begegnen, weil, 
wie wir bereits hörten, die darin aufgeführte 
Holzskulptur in einem vergleichsweise recht 
gut zu nennenden Erhaltungszusrand noch 
20 
heute erhalten ist, was in gleicher Weise auch 
für ihre Fassung zutrifft. Im darauffolgenden 
Jahre schrieb die Stadtkammer einen allgemei- 
nen Wettbewerb für die Errichtung dieses 
neuen Zierbrunnens aus. Von J. B. Srraub 
abgesehen, der dazu nicht aufgefordert wurde, 
beteiligten sich fünf der angesehensten Münch- 
ner Bildhauer und Goldschmiede mit von 
ihnen dazu eingereichten Kostenvoranschlä- 
gen, Zeichnungen und Modellen. Um es 
gleich vorwegzunehmen: die Personifikation 
der Moldau als Trägerfigur für den hl. Johann 
Nepomuk stand bei ihnen grundsätzlich nicht 
mehr zur Debatte. Übereinstimmend mit dem 
Straub-Brunnen blieb jedoch die Form der 
nächtlichen Beleuchtung, von der noch später 
zu sprechen sein wird. Von Thomas Ignaz 
Ingerl (1752-1800) ist ein Kostenvoranschlag 
vom 30.4.1768 erhalten, in dem er für die 
„Statua" ZOO H. verlangte und für „die an die 
Saullen komenten fünf Wasser Speibente 
Delphim idem ad fünfzehn Gulden, dan die 
dazugehörig fünf wasser Speibente Frazen 
Köpf, idem vor zwölf Gulden". Wie er dazu 
bemerkte, hätte er bereits ein Modell gemacht. 
Die Gesamtsumme seines Voranschlages be- 
lief sich auf 335 H. Ein weiterer Überschlag 
vom 12. 5. 1768 stammte von dem Münchner 
Goldschmied Joseph Friedrich I. Canzler 
(1710-1782). Für eine „Stattuen St: Johannes 
Von Nepomuck Ganzer Stattur 7 schuech 
hoch nach einem guetten Model von Kupfer 
guet in feyr Vergoldt zu machen" verlangte 
er 3500 H. In jeder Hinsicht phantastisch und 
in der künstlerischen Vorstellung völlig retr0- 
spektiv ist das „Pro Memoria" von Charles 
de Grnff (1712-1780) vom 20. 9. 1768, der 
in diesem Brunnenprojekt eine Beschäftigung 
von drei Jahren erblickte. Er führte dazu aus: 
„Die Stattua dieses grossen Statt, Vnd Landß 
Patron zu verewigen müßte von metalle 
Zwischen 7 gegen 8 frantzösische sch: hoch 
gemacht werden." Die Säule, so schreibt er 
weiter, müßte sein „10 schuch in die Vier 
haubt seitten dieses Ediiicio seind Fillungen 
in deren wurden Throfföen gemacht, stellend 
vor der Donau, di Jser, der öhn (sic), der 
leck (sic), außerdem deren ein starcken Wasser 
Fall herabkommen wurde. Vier große festons 
wurde die Saullen zihren, Vnd daß werck 
binden." Dafür verlangte er 9000 H., „solte 
ich alle Matteriahlen, den Marmor außge- 
nohmen, beyschaffen so wer der Mündeste 
praiß . . . H. 15 000". Vom heutigen Stand- 
punkt aus betrachtet wäre Ignaz Günther 
wirklich der Primus inter pares bei dieser 
Konkurrenz gewesen, die eine lehrreiche Vor- 
stellung von dem von der Stadt München 
praktizierten Kunstwesen der Zeitspanne zwi- 
schen dem späten Rokoko und dem frühen 
Klassizismus gibt. Ignaz Günther kam in- 
dessen nicht zum Zug. Von seiner Hand blieb 
folgender Kostenvoranschlag erhalten 30: „Bilt- 
hauer Yberschlag f Ueber die Von Marmor 
Zumachente Statua Sanct: Joannes Nepo- 
muceni auf dem neuen Stadtbrun in der
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.