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Quadrate in den Blättern der Sammelmappe von
Josef Albers .schwere Plumps'. Binders Quadrate
sind unbeschwert und unbegrenzt. Während
Albers seine Quadrate* einschachtelt und bela
stet, befreit Binder sie und erschließt ihre Aus
dehnung.
Binder will sich nicht vom Größenausmaß der
Leinwand verleiten lassen. Die Formate seiner
Bilder erscheinen quadratisch, und deren deli
kate und sorgfältig ausgewogene Proportionen
sorgen für die kaum merkbare Stabilität. Das
Interesse liegt in dem peripherischen Raum der
Ränder. Das Zentrum ist nicht betont, um nicht
der Fokus zu werden: Das Bild wird als eine
Totalität wahrgenommen.
,Wir müssen wissen, daß die Farben wie die
Formen, ihre eigene Proportion und Flarmonie
besitzen“, lehrte Binder in den dreißiger Jahren.
In seinen Bildern führt er diese Idee unermüd
lich bis zum Äußersten weiter: Farbe und Form
sind unzertrennlich ...
... Binders Bilder sind amerikanisch in ihrer
Aufgeschlossenheit, in ihrer Ausdehnung, in der
Verbindung der Formen verfolgen sie die Fort
setzung zur Vollendung über ihr Limit hinaus.
Sie sind .Alte Welt' in ihrem Maßstab, ihrer
Noblesse, der Einsicht, ihrem Glauben an die
Lösung und der unerschütterlichen Überzeu
gung zur Perfektion. Jede Arbeit führt zu dem
unvermeidlichen Endergebnis, zu einer einzigen
bildmäßigen Feststellung von Intensität und
Serenität. Sie sind immerwährende Wahrzeichen
einer Pilgerfahrt in die Welt der geistigen Vor
stellung.“ (Kim Levin, N. Y., „Idea“, International
Advertising Art Magazin, Tokyo, Juli 1974}
,,Bürgermeister Bruno Marek überreichte im
Roten Salon des Wiener Rathauses und im
Beisein von Frau Vizebürgermeister Gertrude
Fröhlich-Sandner dem in den Vereinigten Staa
ten lebenden Wiener Maler und Graphiker Pro
fessor Joseph Binder die Ehrenmedaille der
Bundeshauptstadt Wien in Gold. Zur feierlichen
Überreichung der Auszeichnung hatten sich auch
der Vertreter der amerikanischen Botschaft und
zahlreiche Repräsentanten des Kunst- und Kul
turlebens unserer Stadt eingefunden ... Als Bür
germeister dieser Stadt danke ich dem Künstler
vor allem auch für die Anhänglichkeit, die er
seiner Heimatstadt Zeit seines Lebens bewiesen
hat. Er hat durch seine schöpferische Arbeit in
seiner Wahlheimat Amerika den guten Ruf der
künstlerischen Ausbildung in die Neue Welt ge
tragen. Wenn heute Gebrauchsgraphik und Wer
begraphik zu längst anerkannten Zweigen künst
lerischer Betätigung zählen, wenn internationale
Wettbewerbe zu den traditionellen Einrichtungen
unseres Kulturlebens gehören, darf Joseph Bin
der für sich das Verdienst in Anspruch nehmen,
diese Entwicklung eingeleitet zu haben ..."
(„Stadt Wien“, Nr. 30, 26. Juni 1969)
* ,,Homage of the Square" von Josef Albers.