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DRITTER TEIL
16 Manifest
Was ist neu in der Kunst, in der angewandten
Kunst? Ich lehrte das Neue im Jahr 1933. Nach
zwei Aufenthalten in Amerika kam ich zurück,
um das, was ich gelehrt, praktisch auszuüben.
Nach vierzig Jahren als „graphic designer“ für
andere tätig, bestrebt, Kunst mit den graphi
schen Aspekten der Rekiame zu vereinen, faßte
ich den Entschluß, für mich selbst zu schaffen.
Das Diktat meines Talentes ist mein neuer Weg.
Raum für etwas Neues zu schaffen, dieser wich
tigste Prozeß, zur Erkenntnis der freien Kunst;
meinen Beruf aufzugeben, den einzigen, den ich
jemals ausübte, den Reichtum an professionel
lem Können und Wissen aufzugeben, das muß
erfaßt werden. Man muß ein reifer Mensch von
Erfahrung sein, um etwas aufzugeben. (1967)
Während der Vorbereitung seiner Ausstellung in
Wien, 1972, diktierte Joseph Binder:
Als Titel für die Ausstellung möchte ich: Binder,
New York, Nonobjective Images. Die Eindrücke
für das Leben empfing ich in Wien, der Stadt,
in weicher ich geboren bin und künstlerisch er
zogen wurde, in einer Periode mit neuen künst
lerischen Ambitionen und Zielen ... Amerika,
das Land der unbegrenzten Möglichkeiten und
der Tradition für das „Neue“. Im Strome dieser
beiden Komponenten ruht mein Lebenskreis. Ich
wurde nach Amerika berufen, was ich vortrug
und lehrte, war damals unbekannt. Jetzt bringe
ich etwas von Amerika - meine. Biider und
Pastelie der letzten zehn Jahre. (1972)