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17 Stille Bilder
Binder new york, nonobjective art,
Ausstellung im österreichischen Museum für an
gewandte Kunst, Wien, September-Oktober
1972.
„ .Stille Bilder'; ohne das Wissen der Vergangen
heit, ohne Illusion der Zukunft, nur das Erlebnis
der kreativen Gegenwart — unter diesem Leit
wort hatte der 1971 im Sommer aus New York
kommende Joseph Binder seine erste große Aus
stellung hier in Wien konzipiert. In der ersten
Phase der Realisierung derselben ging er selbst
von einem Tag zum anderen in jene Stille, die
allen Lebenden tief und unergründlich bleibt.
,The exhibition must go on‘, könnte man einen
Gemeinplatz abwandeln, und die Ausstellung
wurde nach dem von Joseph Binder erstellten
klaren Ordnungsprinzip genauest aufgebaut.
Dieses Oeuvre in seiner Gesamtheit, das Joseph
Binder in einer späten Phase seines Lebens
neue Impulse schenkte und an dem er weiter
arbeitete, erfuhr in der dafür wie prädestinierten,
in Weiß und Grau gehaltenen Ausstellungshalle
des Museums eine Verdichtung, die so etwas
wie eine Aura von sakraler Feierlichkeit ver
breitete. Fachleute und Presse rühmten sowohl
die Geschlossenheit des Werkes wie auch das
klare Gestaltungskonzept, das von Joseph Bin
der selbst erstellt wurde und das diese Aus
stellung zu einer der schönsten Ausstellungen
des Hauses überhaupt werden ließ.“
(Dr. Wilhelm Mrazek, in: „Alte und Moderne
Kunst“, Nr. 124/125, Wien 1972)
Aus dem Ausstellungs-Katalog:
„So eindeutig, so offenbar, so dynamisch, so
schlagend, so .laut' die angewandten graphi
schen Arbeiten Joseph Binders sind, so zurück
haltend, so reduziert, so voll Askese und Ver
zicht auf Außenwelt, auf Figur, Abbild und Zei
chen, auf alle graphischen Elemente sind seine
Malereien. Sie bieten nichts als Farbe, als far
bige Flächen in einer bestimmten Ordnung. Sie
sind .Bilder der Stille', das heißt, farbige Medi
tationsmalerei. Ihre direkte Farbwirkung bietet
dem Betrachter zunächst keine Orientierungs
hilfe. Sie sind somit ein schwieriger Fall für den
Europäer, der selbst in der radikalen Abstrak
tion noch sinnliche Natur und den anschauli
chen Ausgangspunkt zu sehen gewohnt ist.
Eine Begegnung mit den Arbeiten Joseph Bin
ders ist ein Ereignis, das sich nicht von der
europäischen Abstraktion her erfassen läßt.
Joseph Binder gehört vielmehr zu jener Strö
mung von amerikanischen Malern, die wie Mark
Rothko, Adolph Gottlieb und Barnett Newman
einen spezifisch amerikanischen Beitrag zur
.Nonobjective Art' geleistet haben.“
(Direktor Dr. Wilhelm Mrazek)